Kapitel 6, Vers 1/2

Der Mann hatte keinen schlechten Grund gehabt, als er nach Holz gegangen war, auf der Wanderung in der frühen Zeit und das Gesetz ganz frisch auf ihnen lag, und das bisschen Holz sammelte, was er für sein Feuer brauchte. Der Himmel sah nach niemandem, der so klein war und nur das Notwendige tat, als sie ihn fanden, einen von ihnen, der nur Holz sammelte. Sie führten ihn vor das Lager. An was hatte dieser Mann gerührt, weswegen mussten sie ihn umbringen, was mußte durch seinen Tod in ihrer Mitte mit Stiel und Stumpf ausgerissen werden, damit es nicht um sich griff? (4. Mose 15,32)

Als Mose gebot, warfen sie mit Steinen nach ihm. Furcht ging aus von dem, was sie einem glaubten tun zu müssen. Er war ein ‚andrer’ geworden und war keiner mehr von ihnen in diesem Augenblick. Sie taten, was Menschen schon immer taten und weiter tun würden, wenn Fremdes sich an ihren Kreis herandrängen wollte oder sie fremdgewordenes Leben aus ihrem Kreis verjagen wollten. Er wurde ausgelöscht. Niemand sollte mehr an ihn denken.

Und doch war da ein Vater gewesen, eine Frau vielleicht, die eine Mutter war und es waren Kinder gewesen. Aber über allem stand: Es wurde ein Gebot verletzt! Jetzt verlangte das Gebot: ‚Dass nur niemand an ihn denkt!’ Draußen lag ein Leib, mit den Steinen bedeckt, die ihn töteten.

Auf dem gefährdeten Wege in einem Lande voller Gefahren und vorangetrieben auf einem Wege, der nur Unsicherheit und Ungewissheit war, wo ein lautes Rufen, eine falsche Handlung, ein törichtes Wort schon das Ungeheuerliche, das auf sie lauerte, zum Hervorbrechen veranlassen konnte, galt es, aufs genaueste die Regeln und Gesetze, weiche die Sicherheit aller sicherten, einzuhalten und sich keiner Verletzung schuldig zu machen. Sie hatten vorsichtig zu sein, misstrauisch, mussten Geboten gehorchen, Verbote einhalten, welche ihnen das Fremde auferlegte. Gott mußte es dem Mose geboten haben, als Mose ihnen gebot, mit ihrem Mitmenschen so zu verfahren. Das Grauen blieb nicht bei dem Hügel aus Steinen zurück.

Viele dieser Haufen blieben an den Menschenwegen als Zeichen der Angst, als Zeichen gegen die Furcht. <Ja, er soll ausgerottet werden - seine Schuld bleibt auf ihm!> Das hat so gegolten. Aber Schuld ist nie bei einem geblieben, um damit die anderen zu entlasten; die Schuld ist immer mitgegangen, gerade dann, wenn die verdorbenen Menschenleben vergessen waren.

Viele sind seitdem hinausgetrieben worden in die Fremde, in das Jenseits der Grenzen, ins Unbekannte, hatten Haus und Boden, Kinder, Ehre, Heimat verloren, oder auch ihr Leben. Und immer hatte jemand befohlen, hatte Verantwortung dafür getragen, nicht vor den Menschen, nicht vor sich selber, denn es hieß ja: „Seine Schuld bleibt bei ihm!“ Er ist selber schuld.

nach oben