Und es begibt sich, dass Jesus betet. Seine Jünger begreifen gut, dass sie ihm wieder die Stille lassen müssen und auch die Abkehr von ihnen. Im Erzählen des einen wächst schon das nächste an Geschehen heraus: <Und es begab sich!>
Aber als die Stille sich wieder verschließt, kommen sie ihm doch mit ihrem Fragen nahe, wie entschuldigend, als sie darauf hinweisen, dass doch auch Johannes seine Jünger lehrte, wie sie zu beten hatten. 'Wenn!'.
Wenn sie alles getan haben würden, wovon es hieß: 'Tut desgleichen!' und .- wenn! sie Nächste geworden sind und selber den Nächsten nötig gehabt haben würden und: Wenn sie lieben könnten von ganzem Gemüt - wenn dann noch einer den Mut aufbringen würde, dann gilt das: Wenn!
Wenn der Augenblick gefüllt ist - und nur dieser eine Augenblick für einen da ist - dann: w e n n ihr betet – dann! Wenn - dann! So sprecht: - !'
Und die Stimmen sind laut, die alle einmal gesagt haben: 'Du bist doch mein Nächster!' Und die Stimme Marthas ist wieder da, die über einen hinweg zu einem Anderen spricht: 'Sage doch, dass sie's auch angreife!' 'Diese da, dieser dort, bevor sie zu Worten ihre Zuflucht nehmen und beten!'
Aber wenn Menschen ihren Ort gefunden haben und es still geworden ist, um sie herum und in ihnen: Wenn sie dann sprechen, dann sollen die Worte lauten: 'Unser Vater im Himmel!'
Einmal wies Jesus auf seine Mitmenschen hin und sagte: "Die sind meine Mutter, meine Brüder und Schwestern, die Gottes Wort hören und tun!" Wenn einer beten will, dann soll er mit vielen andren sagen: "Unser Vater - im Himmel". Mit allem Ernst soll gesprochen werden mit vielen andren: Unser Vater, der du bist - im Himmel!"
Gesichter heben sich von der Erde und wenden sich zum Himmel. Im Herzen spricht es. 'Himmel!' 'im Himmel', das waren die Worte, die als ein Hinweisen dienten, dass es ein 'Auffahren mit Flügeln' gab, ein Taufen, ohne matt' zu werden.
Von nun an sollen sie: 'Im Himmel' sagen und 'unser Vater' sagen und darum bitten, dass 'sein Name geheiligt' werde.
Schwer wiegen die Worte, die folgen: <Dein Reich komme!>
Reiche kamen und vergingen wieder. Menschen fanden sich in ihnen zusammen, die alle diesen Reichen dienten. Neue Reiche steigen auf und greifen nach Menschen, um sie sich untertan zu machen.
Viele Menschen suchen nach ihrem Reich: Und dann sind die Wege zuende gegangen und das Gesuchte ist im Nirgendwo geblieben und hat sich nicht finden lassen. Wenn dann ein 'Kind des Friedens' sich besinnt, dann ist es in Wirklichkeit nur ganz zu Hause gewesen, wenn es sich unter dem Himmel erkannt wusste. Aber der Wille, der alle Reiche lenkt und sich das Wollen seiner vielen Untertanen einverleibt, kann sich auch sicher sein, dass seine Mitglieder alle wollen, dass sein Wollen durchgesetzt wird. Da ist es viel verlangt, wenn von Herzen bekannt werden soll: „Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel!“
Auch die Anderen werden behaupten, dass ihr Wille auf der Erde geschieht, wie es im Himmel beschlossen ist.
'Vater unser im Himmel!' bitten geht an allem Wollen vorbei, das auf der Erde herrscht und steigt auf als Klage, als Erwarten, das nach einem Willen ruft, der auf der Erde erfüllt wird.
Oft haben die vergangenen Menschen: 'Gott' gesagt und nach ihm gerufen, oft nach den Schriften seinen Willen aussprechen lassen und selten ist nach seinem Willen auf der Erde geschehen, was dann geschehen ist. Alle Reiche in der Welt haben einen Gott, der geschehen lässt, was die Mächtigen auf der Erde geschehen lassen wollen. Mit Stolz reden dann die Oberen zu Gott: ‚Es geschieht in deinem Reich, wie du es gewollt hast, auf unserer Erde wie auch in deinem Himmel!' Herausgehoben sind sie aus der Menschheit, die nicht sehen kann, was Könige und Mächtige sehen. Reiche bilden sich und breiten sich aus, die Gott verherrlichen und seinen Willen geschehen lassen. Der Stolz der Oberen steht vor Gott mit: 'Es geschieht in deinem Reich, wie du es willst, auf unserer Erde, wie in deinem Himmel.
Wer nach Worten sucht, um zu beten, der soll sagen, wenn es nötig ist: 'Dein Wille geschehe, im Himmel - auf der Erde!'
Und im Beten soll ein Menschenherz auch sagen dürfen: 'Vater!' 'Dein Wille geschehe! Dein Reich komme!' entringt sich dem Dasein, das in seiner Wirklichkeit sein Übereinstimmen mit dem Willen Gottes nicht finden kann, als Schrei, der keine Worte mehr braucht oder als ein Flüstern, das keine andren Worte mehr hat. Der Bereich, in dem dieses Dasein wurzelt, trägt sein Wachsen nicht länger, hält nicht länger sein Leben bis zur Reife. Das Leuchten einer Lebendigkeit verlischt, vergeht im Dunkel, für das andere Lichter und Lebensmächte aufstrahlen.
<’Meine Hand ist des Nachts ausgestreckt und läßt nicht ab, denn meine Seele will sich nicht trösten lassen'> hat eine leise Stimme vor sich hingesprochen, als das verborgene wissende und erkennende Leben nach einem Ausdruck suchte für sein Verlangen, für sein Erfahren und für sein Erwarten. (Ps 77)
Geheiligt ist der Name Gottes. Worte, Zeichen, Rufe braucht es, um sich verständlich zu machen, um sich Gehör zu verschaffen in einer Welt, in der alle Stimmen durcheinander rufen, fordern, schelten, befehlen, und sie alle. 'Ja, Herr!', 'Nein, Herr'!, 'Herr, Bitte!' sagen. Einem Reich gehört der Name Gottes an, zu dem der Zugang schon verschlossen oder der Weg dorthin verborgen ist, jedoch seine Zeichen hinterlassen hat.
Aber sich verständlich, sich wenigstens bemerkbar machen, geht nur mit der alltäglichen Sprache, mit der alle untereinander Umgang haben. Mit armen Worten wird gebeten, gebettelt, wird um Gehör gesucht und gehofft, dass die Worte Bedeutung haben und die Worte ankommen, wohin die Seele sie schickt.
In die Tage, in die Nächte, in das Dunkel, in die gleißende Helle, ins Vergangene, ins Kommende reichen die Worte, die lauten, die geflüsterten. Sie vergehen unter dem weiten Himmel, der alles aufnimmt und über allem bleibt. Funken eines vergehenden Feuers, wie verwehender Rauch sind die Worte und das Sehnen eines Lebens nach der Begegnung mit dem Lebendigen: <'Ach, daß du den Himmel zerrissest und führest herab - daß dein Name kund würde.> (Jes 64) Auf ein Entgegenkommen, auf das Verheißene vom <saugen und satt trinken> an den 'Brüsten des Trostes' ist gewartet worden, auf die Einlösung des Versprechens: < Siehe ich breite aus den Frieden wie einen Strom!>
Im Himmel, nicht auf der Erde mehr erfüllt sich die Zusage: Ich <will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet!'> Jes 66)
'Herr ,höre meine Stimme!' kommt aus der Seele, die sich nicht trösten lassen kann mit allem, was ihr das Dasein verspricht.
<'Aus der Tiefe rufe ich zu dir!'> spricht das Erkennen in einer Welt, in der die Seelen nach Erlösung verlangen, nach Heilung suchen. Oder nach einem Vergessen suchen.
Aus der Tiefe ruft das Lebendige nach dem Heil Gottes. <'Meine Seele harret und ich hoffe auf sein Wort. Meine Seele wartet!'> sagt das Erkennen eines Menschen vor sich selber, spricht sich selber dieses Wissen zu, an dem schwer zu tragen ist und dessen Erfüllung mit Antwort noch ausstehen muss. (PS 130)
„Dein Wille geschehe!' spricht das Leben und wartet, dass der Wille Gottes geschieht und wartet darauf, dass ein Reich kommt, das der Erwartung eine Antwort gibt. Es ist doch der Himmel, der die Erde in sich trägt und über dem Werden und Vergehen des Lebendigen wacht.
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