Kapitel 6, Vers 1/1

‚Warum?’ ‚Weshalb?’ wird gefragt - nun schon wieder. Die Furcht ruht auch am Sabbat nicht, daß ein Gebot verletzt wird, eine Grenze berührt ist, die nicht angerührt werden darf, daß geweckt wird, was schweigen muss - für einen Tag. Und die Furcht wird zurückgehalten - für eine Zeit, weil die Erhaltung des Daseins auch einen Schaden getan hat am Lebendigen. Eben noch legten sie ihm einen Gelähmten vor die Füße; eben noch hatte ein Mensch gehört: ‚Dir sind deine Sünden vergeben!’ Darum war es gegangen, daß Sünde nicht vorgehalten, Schuld nicht vorgeworfen wird, sondern Vergebung zuteil wird, daß Kraft zuwächst, weil nicht mehr Andere dem Vorwurf der Sünde ausgesetzt werden, und auch niemand mehr verdammt wird.

<Warum tut ihr, was am Sabbat nicht erlaubt ist?> Weshalb tun sie es, wo sie doch ein Gebot verletzen und selbst um das Zerreiben der Körner zu einer geringen Nahrung die Angst lauert, in ein unsichtbar und unmerklich Geschehendes einzugreifen und zu stören, was an diesem einen Tag unangetastet bleiben müsste. Was erlaubt und nicht erlaubt ist, das ist nur wie ein Zaun, dessen Dasein nichts bedeutet, der aber die Grenze anzeigt, hinter der ein Bereich beginnt, der geschont, geschützt, behütet werden muss und auch ohne Verbot und Gesetz Schonung erhalten müsste.

Nicht in Ruhe kann das Leben bleiben. Weitergetrieben werden Tiere, Menschen, Zeiten, Pflanzen, und müssen tun, was sie tun, unter Druck und unter Zwang und nur manchmal geht der Gedanke dahin, wo nach allem, was getan werden mußte, Ruhe eingetreten war, Gott ruhte, von allen seinen Werken.

Vorwurf ist in der Frage an die Männer. ‚Warum tut ihr, was andre zwingt, wiederum etwas tun zu müssen?’ ‚Warum!’ ‚Weshalb?’ sagen sie und meinen damit: ‚Wozu?’ Die Bewegung dieser Hände setzt in Bewegung, was am Ende nicht mehr den Anlass erkennen läßt, aus dem heraus sich so viele Hände erhoben.

War es aus Versehen geschehen, oder aus Vorsatz, daß sie die Grenze überschritten, unmerklich, ganz ohne Harm noch und doch etwas in Bewegung brachten, was wie im Rieseln eines Sandkornes Berge ins Rutschen bringen kann?

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