Kapitel 7, Vers 1/1

Die Vorsicht, die Höflichkeit, die politische Rücksichtnahme, ließ es ihn geraten sein, die ‚Ältesten’ zu schicken, damit sie eine Bitte an Jesus herantrugen. Vielleicht wußte er sich auch als einen Fremden in ihrem Land, dessen Ältesten er sein Zutrauen schenkte. Er wußte, daß er nur ein Bittender sein konnte, einer, der nicht zu ihnen gehören konnte, der nicht erwarten durfte, daß sein Bitten Gehör findet bei einem, der an dem Wissen und dem Können dieses Landes teil hat und den Schatz hüten muss vor fremden Augen, vor fremdem Begehren. Er ist es ‚nicht wert’, daß Jesus unter sein Dach kommt, das mühsam sein Dasein deckt, in ein Haus geht, das für ihn auf einem Grund stehen muss, der nicht der seine ist.

Der Tod hat nach seinem Knecht gegriffen, den er ‚für wert’ hielt. ‚Sein Kind, sein Sohn war es, für den er bat’, wurde erzählt. ‚Er hat nach Jesus schicken lassen’, sagten die Einen. ‚Er ist selber gekommen!’ sagten die Anderen. Nicht für sich, für einen anderen begehrte er, damit das Licht eines Lebens nicht ausgelöscht wird.

Aus dem Vorrat seines Herzens war das Erkennen aufgestiegen, vor der Not des Todkranken: Einen Heiler gab es, von dem er gehört hat. Den sollte die Bitte erreichen.

Der Mann ging zum ersten Mal in seinem Leben einen anderen Weg als den, der ihm gewiesen worden war, zwar noch bekleidet von den Eigenschaften, die ihn zu einem angesehenen Menschen machten, aber er entfernte sich schon von dem, was ihm Rang und Ehre und Ansehen bis dahin gegeben hatte.

Und wenn der Knecht, den er für wert hielt, sein Kind war - dann stand er nur als ein Vater vor Jesus. Deshalb wollte er von Jesus verlangen, was Menschen, damals und noch lange Zeit, so schwer erhalten konnten: das Leben eines Kindes.

Unter seinem Dach ist der Schatten des Todes auf den Knecht gefallen. Wenn kein Dach schützen kann, dann will er dafür Verantwortung tragen und sich beugen. Unter seinem Dach und unter jedem dieser Dächer lauert es, was finster über die Menschen herfällt.

Später wird erzählt, daß der Hauptmann, ein königlicher, sagt: ‚Zu spät!’ Er weiß, was das ist, dieses: ‚Zu spät!’ In seinen Augen sind die vielen ‚Zuspäts’, zu denen er gekommen war: ‚Komm!’ E h e es zu spät ist!’

Ein Hauptmann ging zu Jesus.

Heere von Kriegern zogen durch die Welt und brachten keinen Frieden. Männer in Rüstung tragen den Glanz der neuen Macht in ferne Länder. Armeen werden über die Erde gehen und keinen Frieden bringen oder den Frieden bringen, der erst kommt, wenn es für viele zu spät ist.

Der Friede war selten gekommen, bevor es zu spät war. Ein Mann steht da, der das Letzte tut, bevor es zu spät ist.

Eine Stimme ruft in ihm, von innen aufsteigend. ‚Mein Kind stirbt!’ Aus dem Vorrat seines Herzens steigt der Hilferuf auf: ‚Sagt Jesus, mein Kind stirbt!’

Stärker, dringender noch, kommt es zurück: ‚Dein Kind lebt!’ ‚Geh hin!’ Der Mann kann gehen, sein Kind wird leben.

Gewißheit ist in ihm, daß es gut wird. Er hat sich selber nicht für so wichtig und würdig gehalten, daß er dachte, Jesus käme zu ihm unter sein Dach. Aber er selber kann seinen Leuten befehlen. Er ruft und sie gehorchen und ihm ist, als brauche Jesus auch nur zu rufen, und das Fremde, das sich dem Zugriff anderer Menschen entzieht, gehorcht, wenn er ein einziges Wort sagt.

Solchen Glauben hat Jesus bisher nicht gefunden. Ein Mensch erbrachte, was im Schatz seines Herzens enthalten war.

Ein Hauptmann mit seiner Erfahrung in Befehl und Gehorsam, begegnete ihm und sprach es aus, sein Wort: ‚Sprich Du nur ein Wort!’ Der, für den er gebeten hat, lebte! Das kann nicht vergessen werden: Ein Wort nur war es.

Es geschieht, was das Wort wirken will! Der Glaube daran ist in ihm gewesen.

Die Kraft, die Worte bilden läßt, hat in dem kranken Menschen Lebenskraft hervorrufen können. Aber die Kraft, die Worte hervorbringt und Sprechen machen kann, hat die Fähigkeit nicht, diejenigen zu erreichen, die scheinbar auf gegründetem Boden und in festen Häusern sitzen, die mit den Worten, die sie machen können, Heuchelei sprechen und die Worte machen, die anderen die Kraft nehmen, mit der sie leben sollten.

Worte wirken und andere tun danach; selten entwächst ihnen die Kraft, welche der angerufenen Lebendigkeit das Leben erweckt, Die Worte, auf welche die Vielen hören, werden auch Vielen das Leben kosten. Häuser werden stehen, die auf Felsengrund gegründet sind mit ihren Fundamenten und sicher stehen und bleiben. Worte gehen davon aus, welche Wirkungen nach sich ziehen Das Wort, das vor dem Sterben bewahrt, wird dann vielleicht nur noch zu hören sein, wenn: ‚zu spät’ gesagt werden muss.

Ein Widerspruch wächst auf zwischen dem Denken des Herzens und dem, was das T u n tut ohne Worte. Begreifbar wird es oft erst dann, wenn es zu spät ist.

Bittend spricht Jesus: <’Gib dem, der dich bittet!’>

Jedes Ich war einmal ein Ich, dem gegeben werden mußte, jeder von uns kam auf die Welt mit einer Bitte, die keine Worte brauchte und nicht mit Worten zu beantworten war. Jedes Leben sagte: ‚Bitte! Gib mir!’

Ein Hauptmann sah in Jesus den, der die Macht hat, im Reiche des Lebendigen zu handeln, weil sein Herz es nicht ertrug, wenn der Tod über ein Kind herfiel. Jesus kam, bevor er zu spät war. Liebe zu einem Menschen sprach: ‚Komm, ehe es zu spät ist!’ Ein Kind war auf ein Wollen angewiesen, das sein Leben in der Welt hielt. Alles aus dem Vorrat seines Wissens und seiner Erfahrung wandte Jesus auf, um ein Leben herauszurufen aus den Schatten, die über ihm lagen.

Danach ging er in eine Stadt: <und siehe, da trug man einen Toten heraus>.

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