Er wird nicht der Letzte sein, der für diese Absicht die Ordnung des Tempels stört. Deshalb wird die Frage nach der Vollmacht, die Jesus als Begründung vorweisen kann, in aller Ruhe, im Gespräch unter Klugen und Weisen, als Rede und Gegenrede gestellt. Ein kluger Mensch, ein frommer und denkender Mensch hat ein Urteil über die Taufe des Johannes. Aber es ist auch nicht klug, sich gegen die Meinung im Volk zu stellen und sich selber zu bekennen. Also ist es am einfachsten, sich zum Nicht-Wissen zu bekennen. Also gibt es für Jesus keinen Grund, sich zu erkennen geben.
Trotzdem gibt er versteckt in einer seiner Geschichten zu erkennen, wer er ist und woher seine Vollmacht rührt.
Das alte Lied vom Weinberg
Er gibt einen Hinweis, wohin er gehört, wenn er auf die alten Geschichten und Lieder achtet, die andre vor ihm gesprochen und gesungen haben: < Jerusalemer und Judäer! Richtet zwischen mir und meinem Weinberg! Warum - ?>
Der Weinberg hat die Frucht nicht getragen, die erwartet werden konnte. Es ist gegeben worden - und wenig ist zurückgekommen. Es bleibt das: 'Warum?' 'Warum nicht?' In einem Bethaus' muß die Frage gehört werden, in einem Bethaus muß die Antwort gefunden werden. Warum geschieht das nicht in dem Bethaus, das 'der Tempel' genannt wird? Nichts hat sich verändert, seit der Priester Zacharias am Opferfeuer seinen Dienst verrichtete.
Die Zeit ist gekommen, wo aufgerufen ist zu richten zwischen dem 'Weinberg' und dem Gott Israels:
<Denn der Weinberg des Herrn Zebaoth ist: Israel!
Und sein Lieblingsweinstock: Juda!
Er erwartete gerechteste Gerechtigkeit und sieht nur Unrecht, das zum Himmel schreit. (Jes 5.1-7)
Sie alle haben teil am Wissen und an den Erfahrungen ihrer langen Geschichte, sie alle sind berufen und auserwählt. Eine Gabe wurde gegeben, die Gabe wurde bewahrt - aber es ist nichts weiter dabei herausgekommen. Es ist noch immer wie in den alten Zeiten, als der Sänger stand und die Leute über ihn lachten: <- es sind mißratene Kinder, die zu den Sehern sagen: Hört auf mit euren Gesichten! Und zu den Propheten: Prophezeit uns nicht immer die Wahrheit!
Sagt, was uns schmeichelt, schaut, was uns Freude macht! Weicht ab von eurem Wege. Laßt uns in Ruhe mit dem 'Heiligen Israels'!> (Jes 3o)
Jetzt wird gerufen: <Das ist der Erbe!>
Ein Stein, den die Bauleute verwerfen, kann nicht zum Eckstein gemacht werden. Noch steht der Bau des Tempels als Zeichen für das Haus des Volkes - noch! kann nur Jesus denken. Für die Andren steht der Bau des ganzen Volkes sicher - die Ordnung steht, bei allen Zweifeln, obwohl die fremde Weltmacht droht. Unruhe muß nicht noch verstärkt werden in den Zeiten der Unsicherheit <Du lehrst den Weg Gottes recht!> Lob und Huldigung, um den Gegner einzufangen durch die Schmeichelei seines vermeintlichen Selbstdünkels.
Jesus weicht nicht ab von seinem Wege. Auch nicht, um geschmeichelt zu werden und Anerkennung zu finden.
Hinter der Macht, die nach ihrem bewährten Lebenszusammenhalt greift, steht Gesetz und Recht und die Ordnung des Geldes. Geld wird zum Träger der gesellschaftlichen Synthesis, die den „Daseinszusammenhang der Menschen zu einer lebensfähigen Gesellschaft" vermitteln wird. (Sohn-Rethel)
Geld ist bereits im Umlauf und ist wichtiger als das Tempelgeld, das im Tempel die Wechsler einwechseln gegen das Geld ihres Alltages, das ihr Dasein beeinflußt. Als sie ihm das Geldstück vorweisen, das sie aus ihrem Beutel ziehen, stehen sie betroffen. Jesus hält ihnen vor, daß sie dem, woher das Geld seinen Wert erhält, auch dienen müssen. Oder sich entschließen müssen, Gott zu geben, worauf Gott Anspruch erhebt. Der Mann in Jericho hat den Versuch gemacht, mit Geld gutzumachen, was vielleicht nicht gutzumachen war. Die Leute, die ihm die Fangfrage stellen, haben vielleicht auch gutzumachen, was sie schuldig geblieben sind: Dem Kaiser, was dem Kaiser gehört!
Und Gott - was Gott gehört
Das wird gefordert in diesem Augenblick: 'Nun urteilt bei euch selber, nun entscheidet, sprecht euer Urteil über den Weinberg Gottes'. Da halten sie den Mund. Ein Urteil wird nicht gesprochen.
'Wes wird sein -?' war der Mensch angefragt worden, dessen Feld wohl getragen hatte. Wem wird der 'Weinberg' gehören?
Die Entscheidung steht an. Die Zeit dafür ist gekommen. Jesus ist kein Fremder, aber er erscheint fremd, als er als Erbe vor sie hintritt. Er muß nicht mehr fragen: 'Was muß ich noch tun?' 'Es ist unser Weinberg!' 'Er gehört uns!' müßte jetzt einer sagen. 'Jerusalem ist unser Erbe!' Aber das Geld der Fremden greift schon in ihren Alltag. Jeder hütet sich davor zu benennen, was nicht auszudenken ist: Der 'Weinberg' kann andren gegeben werden.. Für die Weingärtner in seiner Geschichte kommt ein bitteres Ende. Aber der Erbe wird getötet werden. Es ist nicht das erste Mal, daß Gott seinen Weinberg an die Anderen ausliefert. Mit: 'Das sei ferne!' wird das Unheil nicht aufgehalten.
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