Der Eine erwidert, in Stellvertretung der Vielen, steckt voller Vorwurf: <Meister, mit diesen Worten schmähst du uns auch!'> Aber der Andre spricht es nun aus, sagt, was als Schmährede empfunden werden muß: <'Ihr beladet die Menschen mit unerträglichen Lasten - und ihr selbst: rührt sie nicht mit einem Finger an!'>
In die kommenden Zeiten ist es gesprochen und denen in den Mund gelegt, die nie den Mut haben werden, ihren Hirten dies vorzuwerfen.
'Gott! Hast du das gesehen?' spricht es aus den Herzen. 'Gott, du hast es nicht gesehen, Gott! Wir haben es sehen müssen und gehen verwundet, alleine gelassen mit der Erinnerung und niemand sieht, daß das Licht zur Finsternis geworden ist'.
In die Grube war Joseph geworfen worden, in die Tiefe war Jona gefahren. In die Tiefe waren seitdem so viele gefahren, die Höllen haben sie verschlungen, die ihnen von andren Menschen bereitet worden sind.
Jesus spricht gegen sie an und meint zugleich die Menschen, die sich anmaßen werden, Hirten zu sein und Rechte einfordern, die ihnen der Auftrag, Hüter zu sein ihrer Mitmenschen, zu gewähren scheint.
Es werden wieder Tage und Nächte sein, in denen einer, ihnen zum Zeichen, in die Dunkelheit und Verborgenheit des Todes sinken wird. Und die Augen, die darauf hinsehen, werden nicht alle lauter sein.
Jesus prägt es dem Gedächtnis der Generationen ein, damit sie sich hüten vor dem Tun, was allen Völkern eigen ist: <Ihr baut den Propheten Grabmäler - eure Väter aber haben sie getötet!> Alle Grab- und Denkmale werden daran erinnern.
Als er sagt: 'I h r !' müssen sie merken, daß andre Worte zum Leben erwachen und von ihm her jeden anwehen, der das Schweigen begreift, über dem die Worte schweben: <'Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut ...'>
Worte werden in die Gegenwart hineingedacht und tasten schon in das Kommende an Trübnis und Finsternis. Das kommende Drohende hängt als dunkle Wolke über der Gegenwart. Er spricht die Worte von der Weisheit, die Propheten und Apostel sendet.
Unterdrückt, vernichtet werden sie. Ihr Blut kann nicht von Hirten gefordert werden, die sich selber weiden. Die kommenden Geschlechter werden mit den Boten nicht anders verfahren und schaffen sich Hirten, welche Verwundetes nicht heilen, das Schwache niedertreten und die Starken vernichten, die auf dem Wege von dem gehen, der selbst als Hirte ging.
Grabmäler und Denkmäler werden errichtet und derjenigen feierlich gedacht, die an der Vorausschau der Schicksale trugen, zu ihren Lebzeiten nicht erhört wurden und ausgelöscht wurden, weil sie nach den Verlorenen suchten und Verirrtes zurückbrachten, Verwundetes verbanden und das Schwache stärkten, und das Starke behütet sehen wollten.
Traurigkeit und Wissen liegt in seiner Vorausschau. Ein Echo aus der geistigen Vorgeschichte Israels kommt wieder: Was einmal war, kann wieder geschehen: Die Tötung Abels kehrt wieder.
Rechenschaft und Verantwortung wird gefordert - noch von 'diesem Geschlecht'. In weite Räume geht die Weissagung, die vordergründig nur die wenigen Schriftgelehrten erreicht, die ihm zusehen, wie er spricht. Sie hören Worte, die schon nicht mehr zu ihnen gesprochen sind, die nicht ahnen, daß ihnen Schriftgelehrte folgen sollen, die sich der Worte der Schrift und auch der Worte, die noch gar nicht zur Schrift geworden sind, bemächtigen werden.
Aber an die Lasten, die sie andren aufladen, rühren sie mit keinem Finger. Seine Worte sind vor seinen Zuhörern vielleicht in den Wind gesprochen, aber vergehen werden sie nicht, weil einiges auf einen Grund fällt, wo es Frucht tragen kann. Und das Gedächtnis dieses Geschlechtes prägt sich seine Worte ein und wird sie weitergeben.
Bevor das Gedächtnis sein Erinnern einbüßt, werden die Worte die sich erhalten, zur Schrift geworden sein. Dann bedarf es wieder der Gelehrten der Schrift, um die Gefäße rein und sauber und ansehnlich zu halten, in denen sich der Sinn verbirgt. Dann kommt es darauf an, daß Denken und Wissen in den Dienst seiner Worte gestellt wird, daß Menschen ihnen wieder Lebendigkeit geben mit ihrem Dienen an Wissen und Erfahrung. Und nach einem Können suchen, um denen, die eingehen wollen, das Leuchten zu sehen, auch Einlaß zu ermöglichen.
"Wenn ich durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, dann ist das Reich Gottes zu euch gekommen!" So hat er gesprochen, so sprach die Stimme eines Propheten, so wußte sich dieser Mensch. Jeder der Schriftgelehrten, die sich an den Worten der Schrift versuchen sollten, würde innehalten und stumm vor seiner Aussage bleiben müssen. Ein Leben würde es brauchen, um dem Hinweis dieser Worte nachzudenken, die ihn selber anfragen und fordern.
Aber die Wenigen, die auf ihn hörten, waren treue Schriftgelehrte und Hüter der Worte und haben nicht zugelassen, daß die Worte verwehten. Sie haben sie aufgehoben und bei sich eindringen lassen und sie weitergegeben, damit auch sie zur Schrift werden konnten.
Und doch sagte er: <'Weh euch Schriftgelehrten! Denn Ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen! Ihr ginget nicht hinein - und wehrtet denen, die hinein wollten!'>
Deshalb folgte er immer ihrem Einladen, hat sich ihrem Inneren nähern wollen, bis er sehen mußte, daß das Innere gefüllt war von 'Raub und Bosheit'.
Mancher unter den vielen Schriftgelehrten wird einmal darüber nachzudenken haben, ob sich Jesu klagende Worte bei ihm nicht bewahrheiten, wenn er an die Menschen zu denken hat, denen es verwehrt wurde, zur Erkenntnis zu gelangen. Mancher wird bei sich selber eingestehen müssen, selber auch nicht hineingegangen zu sein. Gott, von dem jeder zu wissen glaubt, wird dann ins Verborgene sehen, weil Gott im Verborgenen ist (Jes 26,20/Mt 6,6)
Nicht das Machen vieler Worte ist die Aufgabe, die gestellt wurde, sondern das Entfalten des Lichtes in einem selber, auf daß, wer hineingehen will, auch den Schein davon gewahre und einem Menschen begegne, der selber hinein hat gehen können.
Es war der schlimmste Vorwurf, den Jesus hat machen können und es war seine bitterste Anklage gewesen.
Aber seine Mitmenschen tun, was andre Menschen später gleich ihnen tun würden, als sie anfangen, hart auf ihn einzudringen, ihn auszuhorchen und zu verhören und Fragen zu stellen, die sie bei sich selber nicht beantworten wollen.
Ihre Tätigkeit ist das Lauern, ob sie etwas erjagen können aus seinen Aussagen, um ihn damit zu verurteilen und danach zu richten
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