Eine Frau „im Volk" faßt sich ein Herz und ruft Jesus zu: <Selig ist der Leib, der dich getragen hat!>
Sie hat ihm zugehört und hat daran teilnehmen können, woher ihm die Worte kamen. Sie hörte die Stimmen mit, die seinem Sprechen den Klang und das Gefühl gaben. Sie weiß von den Frauen, die ihre Kinder getragen haben und immer noch tragen und auf Jesus hinsehen und an die Mutter denken, die dieser Mann als Kind gehabt haben muß. Denn ein Mensch vergißt doch nicht, daß er einmal ein Kind war und getragen worden ist, bevor er selber als Erwachsener andere tragen kann. Für immer bleibt daran eine Erinnerung, auch wenn sie vielleicht nur im Gebrauch eines Wortes erhalten ist. Es hat einen Leib gegeben, der auch ihn getragen hat. Und dieses Feld hat eine gute Frucht getragen und zur Reife wachsen lassen.
Manche dieser Frauen hat auf ein Kind hingesehen, das sie ins Leben trug und hatte gewünscht, um dieses Kindes willen selig zu werden.
Es brauchte das Suchen und Finden des Kindes, was in seine Erfahrungen und Erinnerungen prägend einging, wenn nach Trost, Stillung des Hungers und Erfüllung und Frieden gesucht werden mußte. Dieser Mann, der wie ein Prophet unter ihnen geht, ist getrost, gestillt, auch wenn in seinem Sprechen das Schreien manchmal durchbricht. Seine Worte sind voller Erfüllungserfahrung und: Frieden bringen sie einem selber.
Jemand muß es ihm einfach zurufen: <Selig sind die Brüste, die du gesogen hast!> Es ist wie ein Anrufen seiner Dankbarkeit, für eine Mutter, die ihm so viel hat mitgeben können, was er auf seinen Wegen nicht vergeudet hat. Er schuldet ihr viel und er soll das wissen. Alle Kinder tragen einen bösen Geist in sich und müssen ihn ertragen. Keine Mutter kann ihr Kind davor bewahren. Aber an diesem Menschenkind ist zu spüren, daß es dem Nahekommen der bösen Geister standhält.
Dieses Menschenkind hat von den Brüsten, von denen es gesäugt worden war, das Wissen von der Seligkeit erhalten. „Selig sind die Brüste!" spricht es aus der Frau und sie weiß von den Brüsten, die nicht selig sein konnten. Die Versuchungen, die an ihn herantraten, sind hinter ihm geblieben.
Das ist alles vergangen, wobei doch alles, was lebt 'auf Erden' und Atem hat und gesäugt und getragen worden ist, immerwährend in Versuchung kommt.
Es ringt ums Leben und kämpft ums Seligsein und hat in sich böse Geister, von denen es umgetrieben wird und verzehrt wird in seiner Kraft. Das Leben verströmt auf der Suche, sich zu bergen und auf der Flucht vor den Schrecken, die über es kommen, wird es wehrlos überfallen. Es bläht sich auf, richtet sich auf mit drohenden Gebärden, reißt den Rachen auf, zeigt seine Zähne. Was immer dann geschieht, wird immer auch zum Bösen für ein anderes Leben, das auch als geringes Leben sich wahren will vor dem Zugriff, vor dem Geschlagen- und Gefressenwerden. Alles Leben trägt die Bilder der Feindschaft und der Angst in sich, fürchtet sie und braucht sie, weil es am Leben bleiben will und vergißt die Seligkeit, die es einmal gehabt hat und entbehrt und vermißt.
Aber der Frau, die ihn genährt hat, gilt ihr Zuruf und auch der Traurigkeit und Dunkelheit des Geistes, die in vielen andren Frauen ist, um ihnen zu sagen: 'Ich sehe euch, ihr seid nicht alleine, mit eurem Leid.' Sie möchte ihm sagen, daß sie ihm Gutes wünscht und daß sie keinen Neid verspürt. Sie will dieser anderen Frau gut sein, weil ihr Kind so zu ihr gesprochen hat und in ihr die Bereitschaft geweckt hat, daß sie auch einem eigenen Kind vergeben will, wenn es an ihr schuldig wird. Da spricht der Wunsch mit, daß sie an der Stelle jener Frau hätte sein dürfen, die so wie sie auf diesen Sohn hinsah, der so zur Reife und zur Erfüllung gekommen ist.
Stille ist über alle gekommen, die ihr zuhören. Sie denken in ihrem Schweigen den Worten nach, die ihren Nachklang hinterlassen. 'Selig ist - selig sind - !'
Und dann sagt er endlich: "Ja!"
Er hat in sich aufgenommen, was zu ihm drang. Er bestätigt die Worte der Frau. Und sie steht ihm dabei Auge in Auge gegenüber. 'Ja!' sagt er zu ihren Worten.
Bejahung gilt den jungen Frauen, die darauf warten, ihr Kind zu tragen und hoffen, daß die Kinder selig sein möchten - und es gilt den Frauen, die darauf zurücksehen, als sie ihre Kinder trugen und die Seligkeit langsam schwand.
Das 'Ja' wird noch lange weiter tragen. Die Frau sprach mit ihrem Herzen.
Ihre Stimme sollte gehört werden weit über ihr Vorstellungsvermögen hinaus. Aber schon ist sein 'Ja' im Verklingen. Einmal, in einer Nacht, hatte der Himmel sich geöffnet. Der Engel Gottes stand über der Erde. Es ereignete sich, daß auch auf der Erde ins Geschehen kam, was der Himmel wollte. Für den Augenblick der Erfüllung waren Himmel und Erde eins.
Eine Frau hat ihn getragen, die Erde trägt ihn seither und die Menschen, die mit ihm sind. Sie haben mit ihm das Brot geteilt und mit ihm um die Vergebung der Schuld gebetet, weil sie an dem Leid und dem Schmerz tragen, der in allen ist, die auf der Erde gehen und an dem Geschehen tragen, das ihnen Schuld ist und vor Gott die Sünde.
<Ja, selig sind!> kommt von ihm. Ganz am Anfang war das Schlagen eines andren Herzens in sein Hören eingegangen. Selig war der Leib, der ihn getragen hatte. Aber es war auch ein anderes gewesen, was ihn ernährte, damals, als der Segen ihn erreichte, der von weither durch die Zeiten gegangen war, um endlich bei ihm anzukommen mit <Segen oben vom Himmel herab, mit Segen der Flut, die drunten liegt, mit Segen der Brüste und des Mutterleibes.> (1. Mose 49)
Dann begreifen seine Hörer, daß er hinzufügt: <Ja, selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren!>
Sein 'Ja' reicht so weit, daß es auch die Vorstellungen umfaßt, an denen seine Hörer und Hörerinnen tragen , die ihnen ein Gefühl davon geben, wo die Seligkeit zu suchen und zu finden ist. Sein 'Ja' reicht bis dahin, wo Gottes Wort und Gottes Arm ihn erreichte. Wie ein Kind der Mutter an die Brust gelegt wird, wird das Wort Gottes zum Bewahren jedem anheim gegeben, den es nach Seligsein verlangt. Sie sehen den Sprecher dieser Worte vor sich, und weil sie ihm glauben und seinem Sprechen, bedeuten ihnen seine Worte mehr als die vielen Sprüche, die sie in ihren Tagen auf sich beziehen und zu sich sprechen lassen.
Als er sie beim Reden ansieht, da weiß mancher Mann und manche Frau, daß auch sie selig sein können, wenn sie nur seine Worte bewahren könnten. Zu Zeichen der Seligkeit sind seine Worte geworden.
Schon daß sie ihm zuhören und in ihrer Mitte schützen, ist ein Zeichen und ist eine Herausforderung an andere.
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