Kapitel 1, Vers 26/3

Maria ist Erkennen geschenkt: Es gilt für sie, dass Gott ihr den Heiligen gesandt hat. (Jes 54) Keine Berührung, kein Engel, kein Feuer des Nachts und am Tage kommt dem Lichte gleich, aus dem das Kind sein Herkommen hat. Nichts gleicht dem Engel, der vor der Pforte des Paradieses stand - von aller Ewigkeit her bis zu diesem Blick der Augen, die in die Augen schauten, die über ihnen sind zu allen Zeiten.

Zu allen Zeiten! Die Menschen wussten es nur nicht, die nie in diese Augen geblickt hatten, weil diese Augen schon in andre Himmel schauen mussten und nach anderen Augen suchten, die sich über ihnen auftaten. Stimmen sprachen: <Und es behüte dich Gott - und lasse leuchten sein Angesicht über dir, der Herr erhebe sein Angesicht auf dich - und gebe dir Frieden!>

„Und gibt dir Frieden - „. Stille ist und Frieden, wie am Abend, wenn es noch einmal licht geworden ist (Sach 14) und jedes Kind es so haben will, dass es noch einmal ‚ganz licht’ geworden ist über diesen Augen, die woanders hinsahen, als das Licht des Tages zur Neige ging und es dann dunkel war.

Als die Pforte, die das Paradies verschlossen hielt, sich öffnete, trat der Engel ins Licht: <... da stand ein Mann, in Linnen gekleidet und die Lenden mit Gold von Ophir gegürtet, sein Leib war wie Chrysolith und sein Antlitz leuchtete wie Blitzesschein, seine Augen brannten wie Feuerfackeln, seine Arme und Beine funkelten wie poliertes Erz und der Schall seiner Worte war wie das Tosen der Meere ->. Eine Menschenstimme hatte keine andren Worte dafür. Aber Sagen war übergegangen in Geschehen und Geschehenlassen - und Geschehen und Tun war zugleich wie das Wirken von Worten gewesen, war wie Aufnehmen und Begreifen zugleich. Worte, die wie das Tosen der Meere waren, strahlendes weißes Licht, Feuer, Blitz: Wortzeichen und Bilder aus der Welt der Wirklichkeit, die als Gleichnisse dienen. Geschehen kann abgebildet werden, alles wird zu Wortbild, und wird zum Teil dadurch wirklich.

Der Himmel umgreift die Erde, und bleibt unaussprechlich in einem Geschehen, das sich nur manchmal öffnet.

Licht umgab sie, und Wärme, griff auf alles über, erhellte auch das Dunkle in ihr, erfüllte alles was ist mit dem Empfinden der Zusammengehörigkeit. Ein Engel sah sie an und hat ihr die Stille und das Schweigen gelassen - und das Geschehen der Kraft danach.

„Fürchte dich nicht!“ drang in alle Furcht und in jeden dunklen Grund. Die Stimme erreichte ein Antworten da, wo keine andre Stimme anrühren konnte -. Die Stimme sagte Worte, ganz leise, ganz nahe - von innen heraus und alles in ihr erreichte sie und befriedete alles um sie herum. Die Menschen fürchten sich aus vielen tiefen Gründen, aber die Stimme sprach: ‚Du musst dich nicht fürchten! Nicht fürchten, jetzt! Und wenn sie dich allein lassen, dann bist du auch nur eine von den vielen andren auf allen Straßen der Welt - darum musst du das immer wieder in dir hören - das leise Sprechen, das Aufgehen der Worte und des Klanges, den sie wecken, wie von einer Mutter her gesprochen oder von daher, woher die Liebe kommt.’ ‚Nicht fürchten! Hab keine Furcht, und keine Angst mehr: Du!’

Und leise, wieder. ‚Du!’

‚Du weißt doch alles und hast keine Furcht in dir!’ ‚Du - geh!’ ‚Und vergiss nicht, wie es war! Als deine Augen in den Augen eines Engels festgehalten wurden, der auf dich niedersah - und dich gehalten hat.’

Es kam das Losgelassenwerden und das Vorbei. Es gibt viele Augen, die auch über sich die Augen brauchen und das Angesicht, das Frieden gibt und die Augen festhält und das kleine Licht des Lebens. Dort geht das Sehen auch noch hin, wenn kein Blicken mehr ist und kein Licht, um die Welt mit Schein zu erfüllen.

Beglückt ist ein Feld, und das aufgehen läßt die Saat, damit das Feld Frucht trägt. Groß wird es werden das Kind, und ein Sohn des Höchsten genannt werden. Ein König wird er sein <Über das Haus Jakob ewiglich> und <seines Reiches> soll <kein Ende sein>. Ganz still ist alles, und wie Musik geht es über die Felder und über die Erde da draußen: und seines Reiches wird kein Ende sein. ‚Nie mehr hört es auf, worauf es hinhört in dir, jetzt - und in Ewigkeit.’

‚Kein Enden mehr, hörst du, und kein Aufhören von allem!’ Und keine Angst mehr, dass alles zu schnell zu Ende geht.

Dafür das Abwischen der Tränen - und dabei voll Träumens sein und gehen ohne Leid. Kein Geschrei mehr, nur das Kommen, wenn sie ihre Garben tragen, und da werden viele sein, die ihnen entgegensehen, wenn sie kommen und die Frucht erkennen lassen, für die sie gegangen waren, für die sie als Samen in den Acker der Welt gegeben wurden - und nun kommen können, als die, die Frucht tragen, die gewachsen ist über den Furchen auf allen Feldern dieser Welt. Hingegeben, damit auferstehen kann, was zu dem Reich dazugehört, was dann ‚kein Ende’ mehr haben soll -.

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