"Mitten unter euch!" hat er gesagt und das Wort der Erwartung unter sie gesät. Der Grund dafür war vorbereitet und der fruchtbare Boden hätte Frucht hervorbringen müssen. 'In euch!' ist gehört worden und das Inwendige in den Angesprochenen war von zur Äußerlichkeit gewordenen Frömmigkeit zugedeckt. Anstoß hat sein Reden bewirkt, als er zu ihnen gesprochen hatte: <'Euer Inwendiges ist voll Raub und Bosheit!'> (11,39)
Niemand möchte einen solchen Vorwurf auf sich sitzen lassen. Das Erscheinungsbild des äußeren Menschen muß gehütet bleiben vor den Klagen, die von andren kommen und auch vor der Last, welche die Erkenntnis der Wahrheit auferlegen könnte, die in jedem eingelegt ist.
'Wer sich selbst erhöht, der wird auch unter Menschen erhöht werden!' Das gilt in der Welt, das findet Bestätigung. Nur die Erwartung im Inneren glaubt dem Wort und findet in sich die Bestätigung des Glaubens daran. Bei Kindern ist das anders. Sie kommen aus dem Inneren und tragen den Keim des Glaubens und zu allen andren Möglichkeiten in sich. Sie können angerufen und geweckt werden. Aber ob die Prägung durch ihre Mitmenschen auch gültig wird für ihr Dasein, entscheidet nicht allein diese Umwelt an menschlicher Gestaltung.
Um die Gestalt des Inneren zu finden, hat schon mancher seine 'Welt' verlassen müssen.
Deshalb kommen sie und bringen ihre Kinder zu Jesus. Sie stoßen auf einen Widerstand, den sie nicht erwartet haben.
Die Abweisung kommt von den Jüngern. Bei allen, von denen Jesus sich anrühren ließ, haben sie gesehen, aus weichem Grund sie sich ihm näherten. Sie konnten die Hoffnungen und Verzweiflungen, die Bitten, das Flehen um Hilfe und Rettung aus dem Elend begreifen, aber an diesen Kindern ist nichts zu sehen, weshalb die Zuwendung Jesu als notwendig erscheinen sollte.
Die Kinder haben noch nichts erfahren und erlebt, was ihnen ein Recht gegeben hätte, von Jesus angerührt zu werden.
<Laßt die Kinder zu mir kommen!> weist er sie einfach an und vertraut darauf, daß in seiner Nähe und durch sein Berühren in den Kindern Antwortbereitschaft entsteht. Die Ahnung des Kommenden liegt schon auf diesen kleinen Leben. Vielleicht werden sie ihr Leben lang daran leiden müssen, weil sie nicht zu nutzenden Quellen ihrer Lebendigkeit gelangen können.
Schwer wird es werden zu entdecken, daß 'ihre Seele ein wasserreicher Garten' ist, wozu sie geschaffen worden ist. (Jer 31) In der Vergangenheit war es eine Drohung und ein Wort der Hilfe zugleich, als es hieß: <'Ich zürne nicht. Sollten aber Disteln und Dornen aufschießen, so wollte ich über sie herfallen - es sei denn, sie suchen Zuflucht bei mir und machen Frieden - ja, Frieden mit mir.> (Jes 27.4) Erst wenige im Volk ahnen, daß die Samen dieser Disteln und Dornen übers Land geweht werden.
<Siehe! Ich schreie: Gewalt! Und werde doch nicht gehört. Ich rufe - aber kein Recht ist da.> Was in der Vergangenheit geschah, kann sich im Kommenden wieder ereignen. Was einem widerfuhr, kann auch zum Schicksal von Vielen werden.
<'Die Hand Gottes hat mich getroffen!'> hat der Leidende gewußt und sein Leiden nicht als Schuld andren angelastet. (Hiob 19) 'Gott hat mir den Weg verbaut!' hat der Mensch, der nicht zum Himmel aufblicken wollte, gespürt. Er wollte nur bei Gott Erbarmen finden und daß sich ihm wieder ein Weg öffnet, wenn Gott es will. Er hat die Schuld nicht auf andre abgeladen. Er wollte kein Gutsein vorweisen, hinter dem er sich verbergen konnte. Zuflucht und Frieden wollte er finden.
Zuflucht und Frieden ist mitten unter ihnen, als Jesus die Kinder berührt. Die Jünger sind betroffen, als Jesus befiehlt: <'Laßt die Kinder zu mir kommen!'>
Für einen Augenblick sehen sie zurück auf die vertrauten Kindergeschichten ihrer Überlieferung. Sie erinnern sich der Menschen, unter denen sie lebten, von denen sie getragen und genährt wurden und die sie auch bedrückten und bedrängten. Und manchmal auch ihnen ihr Recht verschafften. Und haben: 'Vater!' und: 'Mutter!' gerufen und meinten nicht nur die Männer und Frauen, die ihnen Vater und Mutter waren, die selber Lasten trugen und bedrückt waren und andre bedrücken mußten. Sie legten sich auch ihren Kindern als Lasten auf und suchten nach Zuflucht und wollten Frieden.
Noch ist der Kreis klein, wo jeder beim andren sehen kann, was an Weg hinter ihm ist. Jeder war selber ein Kind. Einige unter Ihnen, die Vater und Mutter, Frau und Kinder verlassen haben, damit sie mitgehen konnten, spüren etwas von der Last, die auf ihren Angehörigen, auf den Kindern vor allem liegen mochte - wo finden die ihre Zuflucht?
<'Ich weiß nicht, wo ihr her seid!'> (13,27) hat er zu verstehen gegeben. Er muß nicht sagen: 'Ich weiß, wo ihr her seid, ihr Auserwählten meines Vaters im Himmel!'
Jesus weiß, woher sie kommen und wo sie hingehören.
Sie nehmen die Kinder an die Hand, schieben sie zu ihm hin: 'Geh!' 'Du auch, damit er dich nicht übersieht!' 'Er soll dich sehen!' 'Nun geh schon hin!' 'Du sollst nicht zurückstehen!' Denn es gibt die Kinder, die sich auch dabei nicht nach vorne drängen, die unwillig die Hand ihres Vaters, die Hand ihrer Mutter abwehren, die sich ihnen auf die Schultern legt und wollen doch auch gesehen und gerufen werden. Kinder treten vielleicht auch zurück, damit ein anderes Kind nach vorne gehen kann, denn sie selber verlieren nichts dabei, weil Zeit da ist und Jemand, der nach allen sehen möchte und niemanden verloren gibt.
Kinder treten ein in ihren Kreis, sind endlich auch Hervorgeholte, Auserwählte und werden gesegnet. <'Wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen!'> sagt er.
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