<Und danach ging er hinaus und sah einen Zöllner>. Zu ihm sagte er: <Folge mir!>. Und der saß am Zoll und von ihm hieß es: <Und er verließ alles und folgte ihm nach!> Mancher hat zugesehen und sich gedacht: ‚Der hatte auch nicht viel zu verlassen, was es wert gewesen wäre, daß daran festgehalten wird.’
Aber es bedeutete auch: ‚Warum geht er zu dem und isst mit ihm, als könne so einer ihm geben, was unsereins nicht zu geben vermöchte? ‚Es muss einen Grund geben, daß er nicht eingekehrt ist bei mir!’ Immer wird einer sagen: ‚Nicht ich bin es, den er angesehen hat!’ ‚Ich bin es nicht, zu dem er kommt!’
Man müsste ihm klar machen, daß ein betrügerischer Mensch nie vom Betrügen lassen kann. Er wird auch den betrügen, der vertrauensvoll bei ihm eingekehrt ist.’ Es sah so aus, als wolle er einen retten, bei dem nichts zu holen war. Aber in Wirklichkeit sollten die andren gerettet werden, wenn sie erkennen könnten, daß sie Sünder sind. Aber ein Kranker und einer, der sich am gemeinen Wohl versündigt, die haben verdient, daß sich ihnen die starke Hand entgegenstreckt. Murren ging durch sie hindurch.
Gegen die Jünger richtete sich die Anfrage nach dem Grund dafür: <Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern?> Die Jünger wussten keine Antwort darauf. Sie scheinen sich selber auszugrenzen und müssten doch denen zugehören, denen man sagen kann: ‚Kommt, eßt und trinkt mit uns!’
Die Einladung hätte den Kreis geöffnet, in dem zusammensaßen, die vom gleichen Geschlecht und vom gleichen Range waren. Sie, die gesund waren, verstanden gut, als Jesus anstelle seiner Jünger sprach: <Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht!> als sei er einer von den Gesunden, der sich als Arzt den Kranken zuwendet. Es ist zu billigen, wenn einer sagt: <Ich bin gekommen, zu rufen die Sünder zur Buße!> Aber aus dem Nachdenken über die Bestimmung seines Auftrages setzt Jesus hinzu: <Und nicht die Gerechten!> Nicht die Gerechten! Einen Nachhall hat dieses Wort. Die Gerechten werden nicht gerufen, aber im Kreis der Anderen findet er Aufnahme.
Vielleicht wäre es doch besser gewesen, er hätte die Gerechten zur Buße gerufen und es wäre möglich gewesen, die Gerechten zur Buße zu führen.
Viele, die sich seitdem auf ihm berufen haben und sich von seinen Worten Ansehen, Autorität, Ehre und Wirkungsmöglichkeiten ausliehen, werden sich mit denen Essen und Trinken teilen, die als Gerechte erscheinen und keines Arztes bedürftig. Aber die es auch nicht ertragen, wenn den Sündern das Vergeben der Sünden zuteil wird. In ihren Kreisen wird schon mit Misstrauen behandelt, der sich einfach zu ihnen setzen will, nur zum Essen und Trinken.
Die Fragen bleiben, welche die Jünger nicht beantworten können: Wenn die Sünden den Sündern vergeben werden, was soll aus denen werden, die gerecht sind, denen nichts vergeben werden muss, außer, vielleicht, ihr Gerechtsein? Oder ihren Versuchen, alles, was sie tun, auch als gerechtfertigt erscheinen zu lassen und dabei zu glauben, daß es gerecht ist: auch vor Gott. Viel Kraft wird in diese Mühe gehen, und viel an Irrtum, vor Gott gerecht dastehen zu wollen.
Aber viel Elend kommt auf die zu, die zu den Sündern und den Ungerechten und zu den Kranken gerechnet werden und denen vorgehalten wird, daß sie vor Menschen und vor Gott nicht gerecht dastehen können.
Eben noch war einer vor ihren Augen aufgestanden, der das Gewöhnliche nicht tun konnte, stehen und gehen. Mit Bedauern werden alle bedacht, denen zwar Gott vergeben kann, nicht aber die Menschen vergeben wollen.
Ganz sicher aber werden die Gerechten sagen: ‚Wer bin ich denn, daß ich vergeben müsste, ich habe mir nichts zu vergeben und den Andren erst recht nicht! Ich muss mir nichts vergeben lassen; nichts ist da, worin ich um Vergebung bitten müsste! ‚Ich brauche niemanden, der mich um Vergebung anzugehen hätte und den ich deswegen in meinen inneren Kreis einlassen müsste. Was einer selber nicht nötig habe, braucht er von keinem anderen zu erwarten.’ Außer von Gott. Und niemand muss es dulden, wenn anderen die Sünden vergeben werden.
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