Kapitel 5, Vers 12/1

Vor ihm niedergefallen ist dann nur einer. Der hat sich vor ihm auf den Weg geworfen, hat geredet. ‚Ist Gottes Hand denn zu kurz?’ hatte jemand gesagt, und Gott hat in die Tiefe gegriffen nach einem, der die Krankheit trug, die ihn von allen trennte, der keinen anrühren durfte und den niemand anrühren sollte. Er griff nach ihm, als sich seine Hand ausstreckte.

Die Männer, die mit ihm gehen, sehen, wie sich die Hand ausstreckt nach einem, den diese Hand nicht berühren dürfte: wegen der vielen Anderen und wegen der Furcht, daß ihr Körper aufgefressen wird von dem Unheimlichen und wegen ihrer Angst, von allen anderen ausgestoßen zu werden. Aber noch hat niemand so geredet wie dieser Aussätzige: <Willst du, so kannst du mich reinigen!>

Es klingt wider und wie von vielen Stimmen gesprochen und wird von vielen gehört: <Willst du - so kannst du!> ‚ Du kannst mich reinigen, du kannst mich retten, mich herausholen, mich heilen, mich erlösen! Willst du? So kannst du!’ ‚Wenn du kannst, so willst du auch -.’ Jeder von ihnen vernahm darin auch die Stimme, die in ihm selber manchmal so hatte reden wollen, ausbrechen in: ‚Willst du - so kannst Du!’ <Ich will’s tun!> hat Jesus gesagt. Wie ein Echo kam es zurück, das Wort, aus vieler Menschen Seelen, aus der Tiefe ihrer Herzen stieg es auf: ‚Er hat gesagt: Ich will’s tun!’

Die Männer, die mit ihm sind, haben den Anfang gemacht. Auch ihnen hat es gegolten, dieses: ‚Wenn du willst, so kannst Du!’ Sie haben schon geantwortet mit ihrem Tun. Sie haben die Grenze berührt und schon in diesem Augenblick überschritten.

‚Zeige dich der Obrigkeit, die dich gesund erklären muss - und bewahre Schweigen darüber, was du erlebt hast.’

Ein Priester gutachtet darüber, ob einer wieder aufgenommen werden darf in die Gemeinschaft der Anderen. Er achtet dabei auf die Vorschriften, die für den Fall, daß einer gereinigt ist, gegeben wurden. (3. Mose 14.2,32) Eine Handlung wird vollzogen, ein Mensch wird freigesprochen: als er krank war, hat niemand an ihm handeln wollen. Wie es geschehen konnte, daß er gesundete, danach wird nicht gefragt. Das Gebot gilt, daß er’s auch niemandem sagen soll. Doch die anderen stellen einen Zusammenhang her, auch wo sie nur mühsam erkennen, daß nicht nur ein Aussätziger geheilt wurde, sondern von ihnen auch ein Antworten darauf erwartet wird.

Sie kamen zu vielen, ‚daß sie hörten und gesund würden.’ Und dachten dabei an ihre Krankheiten und wiesen vor, woran sie litten und zeigten, worunter sie duldeten. Menschen würde es immer geben, denen jemand vertrauen konnte und die dann sagen: ‚Ich will’s tun’, wenn sie gebeten werden. Doch nur wenige begriffen, daß in seinem Tun ein anderes Tun gegenwärtig war: Davon sollte die Rede sein: <...und die Kraft des Herrn wirkte, daß er die Kranken heilte!>. Die Frage an sie wird nicht ausgesprochen: ‚Warum hindert ihr, was an heilender Kraft euch nahe ist und wirkt - ?’

Die Fischer hatten gesagt. <Wir haben die ganze Nacht gearbeitet!> Die Nacht hatte ein Ende und ein Tag hat auch sein Ende. Aber er ging fort, ging in die Wüste, wie es andre vor ihm getan hatten. In der Wüste betete er.

Jesus war aus ihrem Kreis entwichen, wo sie alle glaubten, daß sie <durch ihn gesund würden von ihren Krankheiten.> <Zeige dich dem Priester - und opfere für deine Reinigung, ihnen zum Zeugnis!> hat er den Geheilten angewiesen. An dem Geschehen selber haben die Priester keinen Anteil. Durch einen Menschen empfing er sein Heil - und wurde als lebendes Zeugnis fortgeschickt, für die, die Heilung bestätigen, aber selber nicht heilen konnten.

Sie wurden geheilt und kamen zusammen, um ihn zu hören und um ‚durch ihn’ gesund zu werden: um dann davonzugehen. Eingegliedert in das tägliche Leben und unter den Mühen und Pflichten verliert sich die Erinnerung an die Kraft, die aus der finsteren Tiefe hervorholte.

Hände waren dagewesen, die berührten und Worte hatten sie gehört, die sie im Herzen anrührten - und es war noch anderes dagewesen. Die Wirklichkeit hinter den Worten war aufgestiegen, hatte ihre Wirklichkeit von Dingen, Licht und Schatten erst mit dem Licht der Wirklichkeit erfüllt.

In die Wüste war er fortgegangen, um dort zu beten. Er war in die Wüste entwichen, um von den Händen berührt zu werden, die heilen und gesunden machen und die Kraft des Anfangens einem zurückrufen, im Beten, draußen in der Wüste.

Geblieben ist nur die Erinnerung, daß er ihnen entwichen ist, um in der Wüste alleine zu sein und zu beten dort im wüsten Lande. Im Spiegel von Worten aus einer versunkenen Vergangenheit kam das Erkennen: <Ich habe Gott von Angesicht gesehen und doch wurde mein Leben gerettet.> (1. Mose 32,31)

‚Wenn Du willst, dann kannst du!’ hat einer gesagt und geglaubt, daß er das Können hat und Wollen kann.

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