Kapitel 7, Vers 18/3

Von den Kindern seines Volkes gilt seit langem, daß sie <harte Köpfe und verstockte Herzen> haben: <Sie gehorchen oder lassen es, sie sind ein Haus des Widerspruchs - dennoch sollen sie wissen, daß ein Prophet unter ihnen ist!’> (Hes 2)

Etwas wird bleiben: sie wissen, daß ein Prophet unter ihnen war. Er hat sich nicht gefürchtet vor ihnen. Er fürchtet sich auch jetzt nicht. Auch ihm war zuteil geworden nach dem alten Gottesspruch: <Ich habe deine Stirn so hart gemacht wie einen Diamanten!> Sein Weg forderte Härte und brauchte Kraft.

Er war ausgesondert worden, damit er nicht auf den gewohnten Wegen gehen sollte. Es kann nicht alles vergeblich gewesen sein, was sich auf den Wegen, die er gehen mußte, aufgebaut hat.

Wenn Jesus der ist, auf den er wartet, dann wird er wissen, wie er antworten muss. Ein ‚Ja - ich bin’s’ ist keine Antwort. Die Heuchler sagen alle ‚Ja. Hier bin ich!’ Und versprechen alles, wenn sie wollen, daß ihnen Glauben geschenkt wird, mit dem sie die, die ihnen ihr Leben anvertrauen, auf ihre Wege führen - und erst, wenn es ‚zu spät’ ist, am Ende des Weges werden sie sehen, was ihnen angetan wurde und was sie selber getan haben.

Wenn die erhoffte Antwort nicht kommt, wird wenigstens die Antwort von einem ehrlichen Menschen kommen. ‚Warte nicht auf mich, warte weiter - auf einen Andren.’ Niemand sieht in die Erfahrungen eines anderen. Nur Jesus kann wissen, daß ihm einmal Johannes am Jordan den Himmel geöffnet hat, als er ihn taufte mit dem Wasser des Flusses und den Fluss eines anderen Strömens meinte. Der Andere hatte die Stimme gehört: ‚Du Sohn meines Wohlgefallens!’ und in seinem Hören war Klarheit. Die ließ ihn sehen, wie zu Anfang aller Erdenwelt, was ihm war wie ein weißer Vogel.

Johannes hatte damals an der Ergriffenheit des Andren teilgenommen, obwohl er nicht sehen und hören konnte, was mit dem andren geschah. In seine Wirklichkeit war nur eingedrungen, was wie der Schimmer einer Gestaltwerdung, was wie ein Hauch an ihn herangedrungen war.

Jetzt wollte er fragen, damit er Gewissheit hatte, ob gelungen war, wozu auch er seine Kraft gegeben hatte. Dem Andren war die Erfahrung zuteil geworden, er selber war nur ein Gehilfe gewesen. Dafür war er den Weg gegangen, um ein Gehilfe zu sein; nicht er war es, der den Geist Gottes über den dunklen Wassern gesehen hatte.

Jetzt wollte er nur, daß der Andre erkennen sollte, daß er ihm den Weg bereitet hat und ihm auch noch da helfen will, wo sein eigner Weg dunkel wird. In welches Dunkel werden Worte gesprochen wie: ‚Bist du es?’ ‚Oder sollen wir?’

Zwei von denen, die mit Johannes gegangen waren, standen vor Jesus und richteten aus, was ihnen aufgetragen war.

Es kam kein: ‚Ich bin es’ und kein: ‚Ich bin es nicht!’ Die Antwort sollte von denen kommen, die ihn erfahren hatten, seine Kraft und seine Gegenwart, und sollte kommen aus dem, was ihm von den andren her geantwortet hatte. Er traute ihrer Fähigkeit, zu hören und zu sehen, berichten zu können, was sie <gehört und gesehen> hatten.

Die Antwort kam aus dem, was geantwortet hatte in den anderen, denen er das Wort gebracht und die Wirklichkeit geöffnet hatte, welche die Worte hervorbringt.

‚Oder?’ hatte Johannes fragen lassen, ‚gib Antwort, aber heuchele nicht!’ Diejenigen, die warten konnten, werden auch weiter warten können. Sie warten auf etwas, was vielleicht nie kommen wird, nie eintreten wird, und doch mit seinem ‚Dennoch’ zu einem spricht.

Hinter der Frage steht schon das Erkennen des: ‚Du bist es!’

Es war schon einmal ausgesprochen worden, das Wort des Segnens und Erkennens: <Du bist’s! Dich werden deine Brüder preisen. Vor dir werden deines Vaters Söhne sich verneigen. Juda ist ein junger Löwe. Es wird das Zepter von Juda nicht weichen, noch der Stab das Herrschers von seinen Füßen - bis daß der Held komme - und ihm worden die Völker anhangen!> (Gen 49) Dass Jesus d a s nicht ist, das wissen sie beide.

Aber die Bilder berühren und verwandeln sich und gehen ineinander über. Einmal wurde gehofft, daß ein Herrscher käme, ein Löwe erschiene, ein Held, der seine Hand auf die Schultern der Feinde legen würde. Die alten Bilder und Erinnerungen halten sich. Schwer wird er es haben, dem Vergleich standzuhalten, damit seine Brüder ihn preisen und noch steht es aus, ob ihm die Völker anhangen. Worte und Zeichen reichen in eine andere Zeit. Schon in den alten Zeiten hatte die Stimme gesprochen: <Israel, du bringst dich ins Unglück; denn dein Heil steht allein bei mir! Wo ist ein König, der dir helfen kann, und deine Richter, von denen du sagtest: ‚Gib mir einen König und Obere!’ Aber ich will dich aus dem Totenreich erlösen und vom Tode erretten!>(Hos 13)

Jesus sagt nur: <Geht hin und verkündigt Johannes, was ihr gesehen und gehört habt! Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf!>

Waren die Lahmen gegangen, haben die Tauben endlich gehört, und haben die Blinden ihre Augen aufgetan, um zu sehen, was zu ihrer Zeit unter ihnen geschah? Waren sie gegangen, um teilzunehmen an den Lasten, an denen ihre Zeit trug und drang es in sie ein, was an Hilferufen, an Klage umging?

Es griff noch immer das alte Gebet nach ihren Herzen, engte sie ein, machte sie schwer: <Herr unser Gott, es herrschen wohl andere Herren über uns als du! Aber wir gedenken doch allein deiner und deines Namens. Tote werden nicht lebendig, Schatten stehen nicht auf. Aber deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen!> (Jes 26)

Es waren ihre Innenbilder, die in allem Tun und Denken mitgegangen sind, als ein Hintergrund, auf dem das Geschehene und seine Gegenbilder aufgezeichnet wurde.

Jesus hatte die Kraft, vergangene und schon verborgene Bilder zu wecken und anzusprechen, was vergangenes Leiden, was vergebliches Hoffen war, was Bitten war, dem niemand geantwortet hatte.

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