Kapitel 3, Vers 1/11

Die gewalttätigen Hände strecken sie aus, lassen aufmarschieren und deshalb, denkt daran, Kriegsleute, Söldner, tut niemand Gewalt noch Unrecht und lasst euch genügen am Sold. Es sind nur Kröten, die man ihnen hinwirft. Aber die Hoffnungen, ihre Lüste und Leidenschaften, die sollen sie woanders hintragen.

Denn <die Tage meines Volkes werden sein wie die Tage eines Raumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für den frühen Tod zeugen!> (Jes 65,22.23) In der Einöde leben wenig Bäume und ringen um ihr Bestehen. Im Land der vielen Bäume kommt es auf einen nicht an. Aber mancher verdorrt, weil die anderen ihm Licht und Luft und Boden streitig machen.

Fremde Völkerwelten branden schon an den Rändern, überspülen die Schattenränder, die das Gezweig ihres Lebensbaumes auf das Land wirft, auf dem ihr Baum nicht immer wurzelte. Nicht immer wird aufgehalten, was Verderben bringt oder Verderben über die gebracht, die verderben wollen.

Einmal hatte Gott versprochen, <der im Meer einen Weg und in starken Wassern Bahn macht, daß sie auf einem Haufen daliegen und nicht aufstehen, daß sie verlöschen, wie ein Docht verlischt.> (Jes 43, 16.18) Was einmal war, muss nicht wieder eintreten. Der Glaube will hoffen, daß es einen Weg durch die Wasser gibt; solange der Aufbruch nicht erfolgen muss, will die Hoffnung glauben, daß es einen Weg zu finden gibt in der Wüste und daß die Einöde Wasser hat und Nahrung. Aber es ist nur ein Versprechen aus dem Vorigen, daß die Menschen, die einem ans Leben wollen, auch auf einem Haufen daliegen und deren Leben es sein wird, das wie ein Docht verlischt.

Für einen Augenblick, in der Gegenwart dieses Menschen, wird deutlich, was als Erinnerung in ihnen allen schlummert. Sie kennen den Garten, in welchem das Wasser fließt, sie ahnen die Mauer, das verschlossene Tor, das sie von diesem Garten ausschließt. Sie alle sind Nachkommen von denen, die Entscheidungen trugen, Gehorsam verweigerten, wo Gehorsam angebracht gewesen wäre, Wege gingen, die Irrwege waren, Versäumnisse duldeten, die nicht wieder gut zu machen waren. Oft war es zu spät für einen neuen Aufbruch.

Aber das Bild vom Baum, der das kollektive Miteinander meint, ist nicht vergessen, als von einem Baum, der gebrochen wurde und sich noch einmal empor rang in einem Trieb.

<Denn die Erretteten vom Hause Juda und was übriggeblieben ist, werden von neuem nach unten Wurzeln schlagen und oben Frucht tragen. Denn von Jerusalem werden ausgehen, die übriggeblieben sind, und die Erretteten vom Berge Zion.> (Jes 37, 31.32)

Solche werden sie sein, die warten, daß auf ihrem Wege sich findet, der ihnen Brot abgibt, der ihnen ein Dach über dem Kopf anbietet, denn sie sind ohne alles, was man trägt, um dazugehören zu dürfen, um nicht aufzufallen und um nicht gejagt zu werden, auf ihren Straßen. Vielleicht besitzen sie dann nicht, was einen Menschen bei den Fremden ausmacht, das Wissen um das Herkommen, Familien, deren Namen und Zeichen.

Sie besitzen nicht die Sprache, das Aussehen, die Merkmale der Zugehörigkeit, die einen als Kind der Gruppe auszeichnen. Die Hörer hören nur:’... wie ihr einen Fremden aufnehmt, so wird man euch aufnehmen, wenn ihr oder die Kinder eurer Kinder auf den Weg müsst, als Übriggebliebene, als Errettete’.

Sie müssen erst begreifen, wie er es meint, wenn sie ihn hören. Er ist ergriffen, er ist besessen, ‚es’ hat ihn gepackt. Es ist so wenig, was zu ihnen herüberkommt, die ihn ansehen, es ist so wenig, was übriggeblieben ist, es ist ein Bitten: ‚Ihr habt doch genug, was wollt ihr noch!’ Die Woge, die kommen wird, ist nicht mehr aufzuhalten mit einem Wort des Flehens.

Das Feuer, welches kommt, und seine Flammen brauchen alles, was sie finden, um sich am Leben zu halten, bis es so weit ist, daß es in sich zusammensinkt, erlöscht, Rauch nur noch zum Himmel steigt und ganze Menschenheere daliegen, wie auf einem Haufen, die Totenvögel aus dem Himmel herabstoßen und die Mütter klagen um die Gefallenen, die einmal ihre Kinder waren. In seinen Worten ist die Wahrheit des Sehers, er spricht als Ratgeber zu den Kriegsleuten: <Tut niemand Gewalt noch Unrecht!>

Es gab sie, es wird sie weiter geben, die Heere der Krieger. Und deren Götter. Geld erscheint als Lohn und die Beute als Ersatz für verlorene Lebendigkeit. Damit ist es nicht getan: <Laßt euch genügen - an eurem Solde!> ‚Ist es noch nicht genug? Lasst es genügen!’

Alle wünschen, daß im Kreis des Lebens auch Gott seinen Sitz hat, damit ihr Kreis den Mittelpunkt nicht verliert. Bilder sind geblieben, Brauch und Bedeutung sind geblieben. Die wirklichen Herren der Länder und ihrer Menschen sind Gott ähnlich geworden und die Bilder Gottes dienen ihnen. Über die Länder herrscht ein Wesen, das sich Gottähnlichkeit anmaßt, „blutrot gewandet auf einem Boot in einem Meer von Blut stehend, inmitten der Lebensflut.“

Einmal wird Gott, welcher mitgeht auf den Wegen, die Erde anrufen: <Dann wird die Erde offenbar machen das Blut, das auf ihr vergossen ist, und nicht weiter verbergen, die auf ihr ermordet sind.> Wenn dann noch ein Mensch will, daß Gottes Kraft ihm nahe, dann muss erst das geweckt werden, was diese Worte meinen. Dann muss einer seinen Willen fragen, ob sein Wollen das tragen kann, das Offenbarmachen, das Gewahren, das Ertragen, die Traurigkeit auch. Und den Glauben, daß <deine Toten werden leben, deine Leichname auferstehen> (Jes 26) Ganz wie es war im Anfang, werden sich die Augen zum Himmel erheben und dann vermag einer auch zu antworten: <- und die Erde wird die Toten herausgeben.> Im Beten muss es sprechen: <Lege deinen Schrecken auf sie, daß die Völker erkennen, daß sie Menschen sind!>(Ps 9)

Und Johannes spricht nach, was aus einem anderen sprach: <Ich sprach, was soll ich predigen? ‚Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt!>

Jeder, der nun reden will, muss an diesem Spruch vorbei und an einer Erkenntnis, die nicht durch Eindruck und Größe des Gestaltgewordenen gewonnen wird. Woher kommt dann die Kraft, das Erkennen der Wahrheit und ihrer Wirklichkeit aushalten zu können? Viel Schrecken muss noch auf die Völker fallen, bis sie erkennen, daß sie ‚Menschen sind!’ Das Wissen der Worte greift voraus.

Es war schon einmal von denen die Rede, die „niemand etwas mit Gewalt“ nehmen, „Brot teilen“, nicht „auf Zinzen“ geben, „gerechtes Urteil“ fällen. Denen war zugesprochen. <Ein Gerechter, der soll das Leben behalten>. Auf Menschen mit <neuen Herzen und einem neuen Geist> war die Hoffnung ausgerichtet. (Hes 18)

Als aber <das Volk voll Erwartung war und alle dachten in ihren Herzen, ob er vielleicht der Christus wäre ->, - da waren es vielleicht auch nur solche Vorstellungen, die einer Lage des Volkes entsprangen, wo nur noch Erwartungen und Hoffnungen übrig geblieben waren, wie es später dann von vielen verstanden worden ist: Produktionen der Unglücklichen, der Entmachteten, der Entrechteten und nicht das Gewahrwerden eines Menschen der Gerechtigkeit.

Johannes hat nur gesagt. <Ich taufe euch mit Wasser!>

‚Ich’ sagte er, ‚die Taufe, mit der ich taufen kann, ist eine Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden.’ Nicht das Wasser kann die Sünden vergeben, wenn Gott nicht vergeben will, wenn nicht davonfließen lassen kann mit dem strömenden Wasser, was allen anhängt, was für jeden die Sünde ist, für die kein Mensch wirklich büßen kann.

Genug ist es für diesen Tag, wenn sie mit Wasser getauft werden. ‚Aber!’ sagt er dann. <Ein Stärkerer als ich kommt!> <Der wird sammeln und brennen!> Er selber ist nicht stark genug, um die Frucht zu ernten, zu sammeln und um zugleich das Unbrauchbare auszusondern und zu vernichten.

Ein Anderer kommt! :<Der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen!>

Wer so redet, muss damit rechnen, daß die, welche zur ‚Streu’ zählen sollen, mit ihren Mitteln und mit dem Einsatz ihrer Macht den aussondern und vernichten werden, der in ihren Augen weder richtige Arbeit leistet noch brauchbare Frucht trägt.

Verkünder solcher Prophezeiungen sind schon um geringerer Ursachen willen gefangengenommen und festgesetzt worden von den Herren, die sich ihre Herren wähnten. Ein Anlass dafür und Rechtfertigung ist dann immer auch der verbotene Eingriff in die ‚inneren’ Angelegenheiten der Betroffenen. Sie haben ihr Leben von der Zustimmung der Untergebenen, von denen sie getragen werden und ein Verlust an Zustimmung und die Verneinung ihrer Freiheiten bewirkt ihren Rückfall in die Bedeutungslosigkeit und Hilflosigkeit.

Der Streit geht in Wirklichkeit um ihre Macht, die sie im Auftrag einer höheren Macht ausüben. Denn wer verleiht die Macht, daß ein Gesalbter als König und Herrscher zu herrschen fähig ist und die Geschicke ganzer Völker bestimmen kann?

Der Anspruch der Leute, die von unten aufsteigen wollen, bedeutet, daß die Herrlichkeit auch der ‚Gesalbten’ anders verteilt werden soll und das ‚Licht der Herrlichkeit’ anderen Menschen zuteil wird.

Ein Gottesspruch hatte einmal Hoffnung gegeben: <Ich erniedrige den hohen Baum und erhöhe den niedrigen, ich lasse den grünen Baum verdorren, und den dürren Baum lasse ich grünen.>

Sie glauben zu sehen, wie schon in ihm der dürre Baum beginnt zu grünen, weil der Christus Gottes in ihre Leben eintritt, auch wenn es nicht so aussieht, als sei Johannes zum Herrschen fähig und dazu bestimmt. Aber davor muss der Hohe Baum erniedrigt werden, damit der niedrige erhöht werden kann, und das, was hoch ist, setzt sich dagegen zur Wehr und macht das Aufwachsen eines neuen Baumes zunichte. Also wird Johannes gefangen gesetzt.

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