Nur das war übrig geblieben von der Geschichte eines Heranwachsenden, gehörte jedoch auch zu den Geschichten, die ‚unter uns geschehen’ sind. <Und es begab sich, nach drei Tagen fanden sie ihn ...>. Noch wusste niemand, was das bedeuten konnte.
Eben noch war für ihn sichtbar gewesen, was mit ‚dem Vater’ war. Sie halten den Tempel, und sie halten die Stadt, sie halten auch die Schrift und die Lehre für das, was ‚des Vaters’ ist. Und er war wieder da.
Nur ein stilles Lächeln, das leise Schließen der Lider über den Augen der Alten zeigen an, dass sie wissen, wo er war und woher er zu ihnen zurückgekehrt ist. Sie erforschen ihn mit schonenden Fragen und warten, bis er antworten kann. Sie legen ihm die Worte vor der Schrift und die Bilder ihrer Erinnerung und warten darauf, dass in ihm etwas anklingt, dem er Laut und Stimme geben kann. Es bedarf der vielen Wörter nicht mehr, um sich verstehen zu können. Sie sind müde, sie fühlen Erschöpfung, die Männer, die ihn begleitet haben, ihn haben gehen und sehen lassen, was ihnen selber verwehrt geblieben war. Sie waren Diener für ihn gewesen, als sie in den drei Tagen und den dazugehörenden Nächten für ihn wachten und beteten und mit ihrer Kraft ihn gehalten hatten und stille gewesen waren.
Sie machten nicht zunichte, was an Erfahrung und an Erkennen aus seinen Augen zu ihnen aufsah. Sie haben während der Zeit, die sich nach altem Brauch misst, die unsichtbaren Fäden seines Lebens mit ihrer Kraft, mit ihrer Liebe und dem Beten in ihnen gehalten. Ihre Müdigkeit bestätigt ihnen, daß sie das Menschliche an ihm getan haben.
Sie hatten jemanden bei sich, der auch mit den Worten eines Beters hätte sagen können: <’ich habe mehr Einsicht als alle meine Lehrer, ich hin klüger als die Alten!’> (Ps 119. 99.100)
Er war weggegangen - für eine Zeit, und sie mussten nach ihm suchen und er hat sich finden lassen. Er hört, wie die Mutter zu ihm sagt: <Wir haben dich mit Schmerzen gesucht!> Er hört den Vorwurf und fühlt das schmerzhafte Leiden.
Die Frau, die ihm die Mutter war, hatte doch auch wieder und wieder vor sich hingesprochen und gesungen: <Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und des Name heilig ist>. Sie kannte doch auch den Namen, mit dem sie nach ihm rufen musste, wenn ihr Geist sich Gottes freute, ihres Heilandes.
Er war mit ihnen gegangen zu dem Ort, wo sich der Tempel erhob und das Heilige hütete. Er sah die Menschen an, die alle nach dem Tempel gingen und sangen und beteten und die Überlieferung am Leben hielten und gottesfürchtig waren. Sie entsetzten sich, als sie ihn sahen und hatten nach ihm mit Schmerzen gesucht, wo doch alles für ihn voller Leben gewesen war und er dem Heile selber in seiner Heiligkeit anvertraut gewesen war. Sie hatten nur ein bloßes Wissen davon, wo er doch da gewesen war, wovon sie sprachen und woran sie glauben wollten. Es hat nicht die Furcht dieser Tage aus ihnen gesprochen, es hat die Angst gesprochen, die seit Jahren den Mann und die Frau begleitet hatte und den Zeiten seines Anfanges entsprang. Eine Wunde wurde wieder gespürt, als sie nach ihm auf die Suche gingen. Als er mit ihnen geht, ist es nicht mehr nötig, daß sie ‚das Wort verstehen, das er redete.’
Das festliche Jerusalem hat den Schimmer schon verloren, den es in den Nächten des Wachens und des Ferneseins gehabt haben musste, als das Licht den Einen eingehüllt hat. Er hat es zu behalten gewusst. Wovon er dann mit den wissenden Männern hat reden dürfen - und die Alten haben es gewusst, weil sie mit ihm redeten.
Als sie ihn mitnehmen in ihre Stadt, haben sie nur Gutes für ihn tun wollen, ihn hereinholen in das menschliche Leben, das sie alle mittragen und von dem sie ein Teil sind und in dem sie die Pforte geschlossen halten müssen, hinter der eine Lebendigkeit zu finden ist, die dem Leben, das jedem das einzig erreichbare ist, ein Widerspruch ist.
Es soll ja nur ein Kleid des Festes gewesen sein, im Gewand des Wandernden, mit seinen Schuhen und dem Stock in der Hand, Teilnehmer an einem Gastmahl, welches das Letzte an diesem Ort sein kann, da sie bereit sind, aufzubrechen und wegzugehen.
Aber ihn ansehen und sich der Worte zu erinnern, die über ihn gesagt worden waren und ihn sich vorstellen zu müssen, nach dem Abend des Festes, als Wandernden und Aufbrechenden in ein Unbekanntes, das rührt an den Schmerz, den schon die Mutter des Mose gespürt hatte, als sie ihn auf das strömende Wasser des großen Flusses setzte.
Der Mann jedoch, dessen Vaterwelt zurückreicht bis zu dem fernen König ihrer Geschichte, setzt sich nicht zur Wehr gegen die Bestimmung des Kindes. Er tritt nicht in den Weg, er hat nicht den Anspruch, der Vater der Väterwelt ihm gegenüber zu sein, vertritt sie nur und tritt dann beiseite. Aber er kennt auch den Schmerz dabei. Er nimmt es auf sich, er läßt es geschehen.
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