Kapitel 2, Vers 8/2

Es war eine Hirtengeschichte, in der ein Hirte den Altar bereitet hatte aus den Steinen des Feldes und mit dem Rauch des Feuers und des Opfertieres das Sprechen seines Herzens 0hinausziehen ließ zum Himmel, der über ihm ist.

Er wollte die Worte bilden, die sein Herz sprechen konnte, weil Gott ihn ansah und ihm gnädig war - und sein Bruder konnte sehen, was ihm geschah in dieser Stunde seines Lebens.

Da kam der Tod schon über ihn, verhüllte alles, den Blick, das Hören und die Stimme seines Herzens.

Da - in einem Augenblick - sah Abel und wusste die Stunden seines Weges und die Vielzahl der Bilder, die er gesammelt hatte und lag dann, gefallen wie ein Tier - eine Wolke voller Licht nahm ihn auf, als bücke sich die Mutter, ein Vater über ihn und trügen ihn nach Haus: ‚Für Heute war’s genug - mit dem Feuer - und mit allem andren auch.’ Es ist über allem eine Hand, die behütet und bewahrt.

Es war gesagt worden: <Ich will euer eigen Blut rächen und will es von allen Tieren fordern und will des Menschen Leben fordern von einem jeden Menschen> (Gen 9,5)

Nicht will der Wind, in dem Abel schwingt und der ihn trägt, dass nun auch des Bruders Leib so liegen soll.

Das Leben eines Menschen wird nicht zurückgefordert und wird nicht gerächt; es ist nur Hoffen, dass hinter einem jeden Rachen, der auf einen zugerast kommt und hinter jeder Gier, die einen fasst und schlägt und frisst, ein lauter Ruf im letzten Augenblick das Ungeheuer, das an ein Leben will, zurückholt.

Er soll nicht über den Bruder kommen, der flüchtige Schatten, der den Tod bringt - und danach einen Kadaver liegen läßt.

Es kann das Tier den Menschenkörper schlagen - der Mensch kann den Menschen erschlagen. Und danach kann auch einer noch Steine schichten zum Denkmal oder der Erde zurückgeben, was von ihr genommen worden ist und von einer Mutter kam.

Und wenn nun ein Opfer blutet unter den Händen und Rauch aufsteigt, eine Säule zwischen Himmel und Erde - dann wird es sein als liege dort, wo die Flamme leuchtet, auch der Leib des andren, der ein Bruder war. Ein Hirte fand keinen Hüter und Gott kam nicht rächen.

Schon im Vergehen fleht die Stimme eines Menschen: ‚Las mich, Gott, Opfer sein, für ihn, an seiner Stelle -‚: ‚Nicht vergelten, nicht ihm auch noch wehtun.’ Vielleicht vermag er das Vergelten auf sich selber zu ziehen, damit dem Bruder nicht vergolten wird.

Eine Geschichte nur, erzählt von den Kindern Kains, hebt das Ungeheuerliche ins Bewusstsein.

<Wer nun Kain -!> Die Worte verlieren sich; aber über Kain wird geredet und für ihn gehandelt und für seine Kinder wird gesorgt. Kain hatte danach Kinder, er hatte, was Abel nicht haben würde - und dankte Gott dafür und konnte vergessen, was im Felde geschah. Gott sah einen Menschen gnädig an - und das brachte den Tod.

Die nach Kain kamen, würden bald nicht mehr wissen wollen, dass aus einem Opfer und dem, was zum Himmel stieg, ein Zeichen kommen konnte, das dem einen zum Heil und zum Tode war und für den andren ein Zeichen fürs Töten und eine Herausforderung dazu.

Gegenwärtig, aber unsichtbar, bleiben die gebrochenen Menschenleiber in allen Äckern der Welt. Und die Erde läßt immer weiter aufgehen Gras und Baum, läßt Saat und Ernte werden, und es gibt weiter die Hirten und die Herden, wie es die Völker gibt, die wie Staub über die Erde geweht werden.

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