Kapitel 21, Vers 1/8

Aus den Schatten der Nacht und aus der Finsternis der Welt treten die Hohen Priester des Volkes, die Hauptleute des Tempel, die Ältesten an ihn heran, wollen zehren von diesem: 'Nicht mein Wille!' 'Dein Wille geschehe!'

Es soll nach ihrem Willen geschehen.

Aber sie stehen nicht bei denen, die seinen Weg gehen um 'ihres Glaubens' willen, damit sie nach der Gestalt, die er ihnen gab, ihr Leben hervorbringen.

Aber vor den Augen derer, die aus dem Finsteren sehen und deren Stimme aus dem Staube flüstert, fragt sich das einfache Leben, ob dieses nun ist die Erfüllung der Verheißung, das Enden eines Weges als eines 'Endes, des ihr wartet' - wie es geschrieben war ( Jer 29.1o).Ob dies nun ist der 'Engel des Bundes, den ihr begehrt'?

Die Nacht ist gekommen, in der eine Stimme wieder spricht: 'Siehe! Er kommt - !'

An diesem Abend ist das Leben getränkt von einer Traurigkeit, die gespeist ist von der Traurigkeit der ganzen Welt.

Die Nacht der Welt fällt in dieser Nacht über alle hin, auch über die, die das Licht gesehen haben und wo nun das Licht von der Finsternis verschlungen wird. Ihr Leben hat keine Antwort mehr vor dem Untergang des Lebendigen, vor dem drohenden Versinken ihres Heiles in den Tod.

Die tiefe Todesnacht saugt ein ihre Kraft, verschluckt ihre Fähigkeit zu überleben am Rande des Todes, der nach einem andren greift und sie selber ohnmächtig findet. Kein Hören ist mehr auf die Stimme, die nach ihnen ruft: 'Steht auf!' 'Wacht auf!' 'Jetzt!'

Sie können nicht anders sein als ihre Väter. Sie sind Abrahams Kinder. Tiefer Schlaf fällt über sie her. Schrecken und große Finsternis umgibt sie. (Gen 15)

Das Kraftfeld um einen Engel spüren sie, aber ihre Kraft wird davon nicht mehr angeregt, in die Tiefe ihres Schlafens dringt nicht mehr sein Licht.

Den Engel sehen sie nicht.

Der Engel reicht Jesus - einen Kelch, nicht von Menschenhänden gehalten, nicht von Menschen ersonnen und gebraucht, ein Gefäß, das in sich trägt alles, was das menschliche Leben als Gefäß nie zu fassen und zu sammeln vermochte.

Den Engel sehen sie nicht. Ihre Augen sind geschlossen, ihr Leben verweigert sich der Teilnahme.

Nicht mehr trinken wollte er - bis - daß er trinke: im Reiche Gottes.

Der Engel Gottes reicht ihm den Becher -

'Nicht diesen Kelch!' 'Nicht! Bitte!' fleht ein Leben. Niemand ist da, der ihm helfen kann, der ihm beisteht bei seinem Bitten. Niemand hört seine Klage, niemand mehr steht hinter ihm .

'Trinkt alle daraus!' hat er gesagt - und sie trinken lassen. Das war noch in einer anderen Welt gesprochen und für eine andre Welt getan.

Nun, wo das Trinken an ihn kommt, ist niemand mehr mit ihm. Um ihn sind nicht mehr die Engel, die das Leben tragen und behüten. Der Engel, der über ihm ist, rettet nicht, nimmt nicht auf in seinen Schoß.

Ein Mensch spricht in der Nacht - spricht ins Dunkel - sagt: 'Vater' - . Sagt: 'Willst du -?' Fragt: 'Willst du?'

Sagt - ein Leben bringt seine Frucht - faßt in die Worte seines Herzens: 'Doch nicht mein -': 'Doch nicht –` 'Doch nicht mein Wille geschieht - '

Ein Mensch, mit so viel eigenem Willen begabt, setzt Worte ins Dunkel, die kein Ohr mehr aufnehmen kann, sagt, der von sich hat sagen können: 'Ich aber - ich sage euch!' Sagt, bevor alles Reden ein Ende findet: 'Dein Wille - !'

Er hat Andren vorwerfen können: 'Ihr tut nicht, was ich euch sage!' Er wird nicht verdüstert von dem Vorwurf: 'Ich habe nicht getan, was mir gesagt wurde!'

Er geht in seinen letzten Tag - und sagt ins Dunkel hinein: 'Dein Wille geschehe - auf der Erde - und im Himmel!'

Einer von seinen Freunden, mit den Gesten des vertrauten Umganges miteinander, tritt nahe an ihn heran, der der Nähe bedarf, und legt den Arm um ihn: 'Friede sei mit dir!', verspricht Nähe und Friede verheißt sein Kuß.

Und Jesus sieht ihn an, sieht den Bruder im Menschen und sagt nur: 'Du verrätst des Menschen Sohn mit einem Kuß –`

Sagt nur: 'Du` verrätst - mit einem Kuß -`

Die Andren tun es - mit einem Wort, durch ihr Fragen, mit ihrem Nichtverstehen, mit ihrem Schweigen, mit ihrem Verstummen, mit ihrem Schlafen, mit ihrem Nicht-Sehen, Nicht-Hören-, Nicht- Folgenkönnen - mit - mit ihrem Einschlafen -

Sagt noch den armseligen Menschen, die von andren geschickt worden sind, die 'zu ihm hergekommen waren' - sieht hinter ihnen - den Hohen Priester, die Hauptleute des Tempels - die Ältesten - sagt:

'Dies ist eure Stunde - und die Macht der Finsternis!'

Er geht mit ihnen

Es ist so weit

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