Kapitel 21, Vers 1/7

Er läßt ab vom Essen des Osterlamms und läßt sie mittragen am Sinn des Verzichtens: <Bis daß es seine Erfüllung findet: im Reich Gottes!> Er sagt das, er glaubt, als er das sagt. Und spricht es aus, zuletzt, bis zuletzt ihnen trauend, spricht sich aus in seinem Zutrauen: 'Ihr seid's - !'

<Ihr aber seid's, die ihr beharrt habt bei mir 'in meinen Anfechtungen -> Den Kelch nimmt er, dankt und spricht dazu -: <Nehmt ihn und teilt ihn unter euch ->

Nicht mehr wird er trinken davon, <bis das Reich Gottes kommt!> Noch einmal müssen sie beharren, aushalten und mitgehen - mit ihm - hinaus vor die Stadt, an den Berg - müssen wahrnehmen, gehalten von seiner Kraft - werden zu Zeugen gemacht auch dabei -

'Habt ihr je Mangel gehabt?' hat er gefragt und ihr Antworten erhalten. Auch an diesem Abend haben sie keinen Mangel.

Wenn in der Erinnerung an diesen Abend wieder gegessen und getrunken wird und das Reich Gottes nahe ist denen, die daran teilnehmen, dann wird davon gelten: <Du bereitest vor mir einen Tisch - im Angesicht meiner Feinde!>

Zuversicht soll bleiben, getragen von seiner Zuversicht auf das, was vorbereitet ist, damit jeder beharrt und den Glauben nicht verliert, daß es wahr sein wird, was er verheißen hat: <daß ihr essen und trinken werdet - an meinem Tische in meinem Reich!> Kann ihnen zusagen: 'Ihr seid's!'

Ein andrer Kelch wird ihm gereicht.

Aber da ist er schon in der Nacht draußen am Berg, fern von den Menschen in der Stadt und fern von ihrem Heiligtum und schon weit fort von allem, wovon sie umgetrieben werden.

Ein Tisch im Angesicht der Feinde ein Tisch im Angesicht Gottes. Die Stunde kommt, in der er in seinem Innersten sprechen muß: <Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir -> Und ein Engel kommt.

Er läßt der großen Stadt ihren Frieden. Es ist Abend, die Nacht ist aufgestiegen. Er geht hinaus - vor die Stadt - mit ihnen. Es ist wieder wie so oft, er geht hinaus, geht alleine - braucht nicht Wohnen, braucht nicht die Stadt, braucht nicht mehr das Miteinander der Menschen - braucht nicht mehr den Tempel um zu beten - sucht die Einsamkeit -

Der Mond steht oben am Himmel - der volle Mond.

<Es muß auch das noch vollendet werden an mir - was geschrieben steht: 'Er ist unter die Übeltäter gerechnet - >: Lange hat ein Leben dieses Wissen mit sich getragen, seit zum ersten Male die Erkenntnis sich an diesem alten Wort, das 'geschrieben' steht, (Jes 53.12) entzündete, frühe Einsicht sich anzeigte im Begreifen, daß eine Bestimmung auf sein Dasein gelegt ist, woran sich seine Seele 'abmühen' muß - unter der Verheißung, das 'Licht zu schauen' und um die Fülle' zu gewinnen.

Aber schwer ist es, von den eigenen Leuten als Übeltäter angesehen zu werden, zu den Unnützen gehören zu müssen, die man ausreißen muß, wie die Leute Unkraut auf ihrem Land ausreißen. Oder wie eine fremdartige Frucht entfernt wird, die das Wachstum der andren Pflanzen schädigt auf dem Acker des Volkes und deren Wachsen behindert. Schädlinge müssen bekämpft werden; die Vorsorge, die Sorge um das Wachstum der Andren gebietet das; die Sorge um deren Wohlergehen muß Vorrang haben vor dem Aufgehen dessen, der das 'Licht' schauen will und die 'Fülle' tragen wird.

Die Sorge um den Lebensunterhalt frißt alles andre an Sorgen auf, drängt alles andre an Lebenswille und Lebensmühe beiseite. Das Sorgen der Kinder der Welt trägt schwer an der Sorge für alle, die sich um das Wohlergehen sorgen müssen. Die 'Wohltäter' sorgen sich, alle die Heilande und die Retter, die Führer sind auf dem <glatten Weg, auf dem sie im Finstern gleiten und fallen> (Jer 23)

<'Meinst du, daß jemand sich so heimlich verbergen könne, daß ich ihn nicht sehe?'> hat Gott vor Zeiten fragen lassen. (Jer 23.24) Diesmal muß die Gottesfrage denen gelten, die sich verstecken, verbergen möchten vor dem Zugriff ihrer Mitmenschen, die doch auch das 'Osterlamm' miteinander essen. Über die 'bösen Geister' hatten sie Gewalt, die waren untertan - über Menschen und deren Geister haben sie keine Macht. Sie haben keine Macht über den Geist des tiefen Schlafes, als es an sie kommt, zur Wachheit zu erwachen.

Auf ein 'mitten unter euch' hat er hingewiesen.

Mitten unter den Menschen, die hinaufgegangen sind nach Jerusalem, um sich dem Fest zu stellen und das Gedächtnis zu bewahren an die Geschichten, deren Zeugen sie sind, mitten unter denen geschieht es und wird nicht gesehen, wird doch nicht erkannt, weil er zu den Übeltätern gehört, die nicht zur Stadt gehören und dort keinen Platz mehr haben.

Zum Garten draußen vor der Stadt nimmt er sie mit.

Und er betet. Die Dunkelheit, die Finsternis der Anfechtung dringt in sie ein, die mit im wachen sollen und ihn mit ihrem Beten und mit aller ihrer Kraft umgeben sollen. Und er findet sie in den Schlaf gefallen, der Zuflucht ist in aller Traurigkeit.

Im Schlafen haben sie Zuflucht gesucht, haben im Schlaf Frieden gefunden. Alle Kraft ist fortgegeben. Die Seele ist ermüdet; der Abend, der sein letzter Abend ist, hat alle Kraft des Lebens, hat das Licht der Seele gekostet. Aufgesogen hat der Abgrund, über dem sie stehen, ihren Glauben, ihr Beharrungsvermögen. Erschlafft ist ihre Zuversichts- und Liebeskraft; ermüdet sind sie von dem Weg, der hinter ihnen liegt - und weit entfernt davon, mit neuer Kraft und Aufmerksamkeit auf den Weg zu gehen, der vor ihnen liegt - . Nur noch müde und tief traurig sind seine Jünger, erdrückt von dem Begreifen, daß alles umsonst gewesen ist - und kaum zu ertragen ist die Last, nun selber auch unter die 'Übeltäter' gerechnet zu werden.

In ihr Schlafen dringt seine Ansprache: 'Nicht schlafen! Nicht jetzt!' Beten! Aufwachen! Wachen!

Immer ist er allein gegangen - in die Nacht - um zu 'beten'. Sie selber haben so oft schlafen und ruhen können, von allem Tun und Wirken ausruhen dürfen. Von seinen Werken, die er geschaffen hat, mußte er nicht ruhen, nicht in den Schlaf versinken, wenn die Nacht über allem stand. Der Sabbat war der Tag, oft, gewesen, in dem er sich entfalten konnte und aufwachte: zu seinem Tag.

Selten nur waren sie in Wirklichkeit aufgewacht, um seine Wirklichkeit zu sehen. Da waren sie wirklich mit ihm gewesen.

Nie hat er gesprochen in den Worten der Vorschriften und Gesetze, selten gesagt: 'Du sollst nicht!' oder: 'Du sollst!' Sein Bitten hat er in ihren Mund gelegt, damit sie im Sprechen ihres Herzens sagen sollten: 'Bitte! Führe uns nicht in Versuchung!' Damit sie ihm leise nachsprechen sollten: 'Erlöse uns von dem Bösen!' 'Nicht in Versuchung führen!' Das war es bis fast zuletzt, als sie noch dachten, er wiederhole, was schon oft gesagt worden war.

Zuletzt noch - an diesem Abend, der ein Abend des Abschiedes wurde, wies er sie an, daß unter seinen Menschen ein Miteinander zum Tragen komme, in dem jeder des andren Helfer und Förderer der Kraft ist, aus dem das Tun seiner Worte wächst. Vor dem Glauben an die falschen Hirten hatte er gewarnt, auf die Heuchelei und ihre Sünde hingewiesen, das Vertrauen der Seelen auf sich zu ziehen: Und damit sich selber zu 'Herren', zu Wohltätern und Errettern machen zu lassen.

Um 'Gottes Willen' soll ein anderes Füreinander herrschen; darum sorgte er sich bis zuletzt. Daraus wuchs der Gram, als sich einer von ihnen schon an diesem Tag von seinem Gebot löste und zu den andren überging. Den Weg zu ihm an diesem Abend würden die Knechte der Herren auch ohne Hilfe aus ihrem Kreis finden. Einer von ihnen hat den gemeinsamen Weg verraten, als er seinen Glauben verlor und die Bestimmung Jesu nicht mehr mit tragen wollte. Seine Kraft hat nicht ausgereicht.

Der Weg, auf dem jeder gehen muß, der 'um Gottes willen' sagt, beginnt nun erst, wo sie alle alleine gehen müssen, getragen von dem Glauben, den er in jeden hineingelegt hat.

Und ganz alleine in seinem Beten spricht sein Herz, spricht die Erfahrung seines Lebens: <Nicht mein, dein Wille geschehe!>

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