Bildergeschichten steigen auf, werden gehört und werden vergessen. Man kommt zusammen, genießt Gemeinsamkeit, die Erzählungen steigen auf: von der Wüste, den Herden, von verlorenen Tieren. Wieder in der Sprache des Besitzes, des Eigentums ausgedrückt, was vielleicht auch anders auszudrücken wäre, um vom Verlorenen, über die Freude des Findens zu erzählen, von dem Schaf, das der König dringend brauchte.
Dem Armen ließ er es nehmen und der Prophet stand vor seinem König mit diesem: 'Du bist der Mann!' (2.Sam 12)
Und Jesus kehrt die Geschichte um, erzählt von den Schafen, die ein Hirte verließ, um nach einem einzigen zu suchen. Jesus ist sich sicher, daß seine Geschichte von der Frau, die ihr Geld wiederfindet, die Zustimmung seiner Hörer hat.
Die Stimmungen unter Menschen ändern sich. Eines Tages ist es nicht mehr ratsam, laut hinauszurufen, daß gefunden wurde, was so wichtig ist.
Es ist die verzweifelte Suche eines Menschen, der wenig hat und dann entdeckt, das von dem Wenigen auch noch ein Teil verloren worden ist: in Verzweiflung und Verwirrung, entdecken zu müssen, das von allem, was einem blieb, nun auch noch ein Stück fehlt, bei allem Fehlen auch noch dieses eine Stück fehlen muß. Das ganze Haus stellt sie auf den Kopf. Lieber will einer die ganze Herde in Gefahr bringen, als das eine verlorene Tier aufgeben. Ein Hirte geht in die Wüste, kommt selber in Gefahr dabei und setzt die andren Tiere aufs Spiel.
Er sieht nicht mehr nach den Menschen, die kommen und Lohn dafür haben wollen, weil sie als Rechtfertigung vor sich hertragen: 'Ich liebe meinen Vater, meine Mutter, Kinder, Brüder, Schwestern'. 'Sieh doch! Ich halte Gottes Gebot!'
‚Ich liebe mein Leben!' 'Ich hasse nicht - ich liebe doch!' Die Hinweisgeschichten deuten an, daß es Jesus für richtig hält, lieber in der Besessenheit der Hausfrau ein ganzes Haus auf den Kopf zu stellen, als auf das Wiederfinden zu verzichten – oder lieber das, was man hat, zu verlassen, nur damit ein Schaf gefunden werden kann. Die Herde blieb verschont, das Geldstück findet sich. Sie rennt über die Straße, ihr Schatz hat keine Einbuße erlitten.
Wer jedoch einmal von sich ließ, was er hat, oder hätte haben können, der erhält es nicht wieder.
Jesus setzt seine Bedingung: <'Ein jeder, der nicht absagt allem, was er hat, kann nicht mein Jünger sein!'>
‚Kann nicht -'
‚K a n n n i c h t !' hat er gesagt –und alle!-:
Alle können nicht aufhören damit, sich zu entschuldigen. Wer nun als sein Nachfolger gelten will, der muß so tun, als ob er nicht gehört hat, was Jesus verlangt. Jeder rechtfertigt sich! Vor sich selber, vor Gott, vor der Gemeinde, weil er nicht absagt allem, was er hat. Und gemeint ist der Besitz als Grundlage des Daseins, sind die Tiere, die für ihn arbeiten, ist die Familie, der die Aufmerksamkeit gilt Es ist das Volk, dem die Zugehörigkeit gilt. Ein verborgenes Hassen wird brennen im Inneren, weil es nicht nach außen dringen darf, daß ein Jünger, der nicht absagen kann allem, was er hat, nicht sein Jünger sein kann.
Dafür wird jeder hassen, heimlich, tief verborgen. Die Last der Nachfolge, den, der gerufen hat, den, der gesandt hat, damit ein Rufer ist - und die Anderen, denen die Botschaft zugedacht wird und zugeeignet werden soll; Haß, weil Fremde es aufnehmen und nachfolgen oder Haß, weil die Fremden einem nicht die Botschaft abnehmen und das 'Wort' nicht annehmen wollen, weil sie nicht absagen wollen allem, was sie haben: und weil sie sich nicht selber verleugnen können.
Im Herzen, im verborgenen Schatz der eigenen Seele, bleibt der Vorwurf: 'Ich habe es gewollt, als der Ruf zur Nachfolge an mich erging - und ich habe nicht mitgehen können'. Der Vorwurf trifft die Menschen, die im Wege standen: 'Ihr habt mich nicht gehen lassen - ihr habt nur gewollt, daß ich euch folgen soll - und ihr habt selber nicht nachfolgen können - als ihr hättet aufbrechen müssen - als es notwendig war, auf den Weg zu treten'.
Niemand kommt an dem Wort Jesu vorbei: 'Wer nicht absagt allem, was er hat, kann nicht mein Jünger sein.'
Einmal gab es für jeden das Wissen um den Weg, die Lieder, die den Weg besangen, das Wissen um eine Zeit, als die Erinnerungen an Weg und Ziel noch lebendig waren - als es noch die Worte gab, die ihren Sinn nicht verloren hatten.
Ein Acker muß aufgebrochen werden, damit gesät werden kann. Eine Knospe muß aufbrechen, damit eine Blüte wird, ein Same bricht auf. Es ist Zeit aufzubrechen, damit eine neue Frucht, ein neues Werden kommt.
,Niemand 'ist da, der als Freund sagt: 'Rücke hinauf - hier ist der Platz für dich!' Einige wollen glauben, daß auch Jesus gesagt wurde: <Alle Heiligen sind in deiner Hand. Sie werden sich setzen zu deinen Füßen und werden lernen von deinen Worten!> (5.Mose 33)
Ein Verheißen war es: die Erfüllung steht noch aus.
Nachklang der Erwartungen von damals lebt noch in unserer Kulturwelt weiter, Spiegel der Erwartungen und Hoffnungen und von Sehnsucht: "...und hebst mich hoch zu Ehren - und schenkst mir großes Gut - das sich nicht läßt verzehren". Und: "Ich lag in schweren Banden - du kommst! - Und machst mich los!" (EG 11)
Er erzählt es in seine Geschichten hinein, er trägt es ein in die Schicksale, füllt es in die Gegebenheiten, die sie ihm lassen.
Jesus bleibt ein Wandernder, betraut mit einer befremdenden Botschaft, versehen mit einer fremden Bestimmung, die trotzdem an Vertrautes anrührt.
Innehalten von den Beschäftigungen ist nötig, das Finden der Ruhe an einem Tag wenigstens ist notwendig, damit mit einem leisen Verwundern in der Stimme gesagt werden kann: 'Du bist gekommen?' 'Es ist also gekommen, worauf ich gewartet habe!' 'Mir ist es geschehen!" Einer hört, wie die Stimmen sprechen, wie die Bilder der Seele aussehen und wie die Lieder der Seele laut werden, in ihrem Klingen antworten auf das hin, was Jesus eingegeben hat, was von ihm ausgegangen ist: Worte wecken das Lied, das ein Herz als seines kennt, dem es antwortet mit der eigenen Stimme, um des Wiedererkennens willen - und mit seinem Dank, den Weg gefunden zu haben: 'Ich habe immer gewußt, daß du kommen würdest!'
|