Kapitel 14, Vers 15/1

Einer hat zugehört - einer hat verstanden - einer hat geantwortet: <Selig ist, der das Brot ißt im Reiche Gottes!>

Jesus jedoch hatte gesagt: 'Selig bist du, denn sie haben's nicht, dir zu vergelten.' Der Sprecher der richtigen Worte hat doch nicht richtig zugehört, obwohl er ein mündiger Mensch ist und wie von sich selber gesprochen hat.

Es sollte nicht bloß nachgeredet werden, was andere vorredeten. Aber auch richtige Worte, die sich allein schon durch ihr Dasein rechtfertigen, können zur Verschleierung mißbraucht werden.

<Die Elenden werden das Land erben und ihre Freude haben an großem Frieden> (Ps 37) - das hat Jesus vorgeschwebt - und es wird vorbei sein mit den Streitigkeiten um Ehren und um den Sitz an der Tafel 'ganz oben', vorbei auch mit den symbolbeladenen Handlungen, wie Schuh- und Knieküssen, dem prachtvollen Beiwerk wie Baldachin und dem vergoldeten Tragsessel. Aber auch mit der Krone, den Kronen und den Worten: 'Du bist der Vater der Könige und Fürsten, der Führer der Welt!' Es soll ein Psalm Davids gewesen sein. (Ps 18,36), in dem es heißt: <und deine Huld macht mich groß!.>

Viel später hat Luther übertragen: „Und wenn du mich demütigst, machst du mich groß."

Der Hörer und Sprecher hat sich andere Voraussetzungen gedacht für die, die 'das Brot essen' werden und denen vergolten wird 'im Reich Gottes', weil sie etwas haben, was Lohn erwarten darf. Seine Geschichte baut sich auf bis zu dem entscheidenden Satz. <Und sie fingen an, alle, sich zu entschuldigen!>

'Ich habe - ', 'Ich habe und muß - !' läßt er sie sagen und legt ihnen die Worte in den Mund, die ihm schon oft entgegenkamen, die seinen Worten entgegenstehen. 'Ich bitte dich!' und: 'Ich gehe jetzt!'

Aber er spricht von denen, die der Ordnung und dem Herkommen gemäß geladen wurden und die auf einmal keine Verpflichtung mehr sehen, den gesellschaftlichen und sozialen Zwängen folgen zu müssen, neue Verpflichtungen einzugehen, sich als präsent zu zeigen, Kommunikation und Interesse aneinander sich gegenseitig vorzumachen, zu lächeln, sich zu verbeugen, miteinander zu speisen und zu feiern, ohne daß sie außer Rang, Erziehung, Stand und Interessen noch viel mehr gemeinsam haben.

Geld natürlich und Einfluß im Hintergrund, weswegen sie auch geladen werden mußten. Aber jetzt nehmen sie sich das Recht, einmal der Pflichten ledig zu sein und 'Nein!' sagen zu können und sich entschuldigt wissen.

Auf dieses 'Abendmahl' oder diese Hoch-Zeit im Leben des Einladenden brauchen sie keine Rücksicht mehr zu nehmen und müssen dabei auch keine kluge Vorsicht mehr walten lassen; der wird ihnen nicht mehr gefährlich, er kann ihnen nicht vergelten.

Sie dagegen können auf den guten Glauben, daß sie seine Freunde und guten Nachbarn seien, endlich verzichten, können ihre lange unterdrückte und im Zaum gehaltene Bosheit rauslassen und ihm ihre Nicht-Achtung zeigen.

Jedoch sind in der Geschichte noch andere da, die in zweiter Linie Geladenen, die als Nutznießer kommen dürfen, 'damit nichts umkommen soll.' Nur: Geladene sind sie nicht. Ihr Mißtrauen bringen sie mit und werden es auch nicht los: 'Wir sind nur hier, weil die Anderen nicht kommen wollten.' 'Wir sind so schlecht dran, daß wir uns von so einem - dafür sind wir noch gut genug.' 'Wir müssen so tun, als ob - wer sind wir denn - und der bildet sich ein, wir müßten auch noch dankbar sein!'

Sie folgten der Einladung, verstanden den Grund dafür, begriffen die Rache, die der Herr an den Leuten üben wollte, die eigentlich zu ihm gehörten und seine Leute sind.

Es sind nur 'andre', die sich auf das Festmahl stürzen. Sie benehmen sich nicht wie Eingeladene, denn solche wie sie muß niemand laden, sie werden höchsten vorgeladen als die, die an den Zäunen, Mauern, Hecken, auf den Straßen eben, ihr Zuhause haben. Sie sind gut genug, um auch hierbei zu dienen, damit auch hier das Fest abläuft, damit es überhaupt noch stattfinden kann. Die Verletzung ist bei allem Glanz und bei aller Herrlichkeit zu spüren, obwohl es genug gibt, wo man sonst nie rangekommen wäre.

Sie kommen, weil keine Äcker da sind, keine Ochsen, keine Geschäfte, kein Kaufen und Verkaufen, weil sie keine Gewinne machen, weil sie nicht zu denen gehören, die sich von den Hochzeiten des Lebens abhalten lassen müssen durch eine Veranstaltung bei der sie nichts verloren und auch nichts zu suchen haben. Das Ressentiment des Gastgebers entspricht dem Ressentiment derer, an die man gar nicht bei der Vorbereitung des Festes gedacht hatte, nicht im Traum daran gedacht hatte, daß sie dazugehören müßten. Der Gastgeber weiß das alles, als er auf seine Gäste hinsieht.

Aber Jesus hatte vorher geraten, bei den Festen die zu laden, die nicht zurückgeben können, bei denen nichts zu gewinnen ist, die Armen, Blinden, die Lahmen, die, die wohnen im dunklen Lande.

Ob nun der Mann, der die feierlichen Worte gesprochen hat, auch getan hat, wozu Jesus aufforderte und nicht mehr die einlud, auf deren Umgang er wert legte, sondern andere, mit denen ihn nichts verbindet, wird nicht erzählt.

Aber jemand muß doch weitererzählt haben, was Jesus damals gesprochen hatte. Und auch, daß er noch hinzugefügt hat : <'Ich sage euch, daß der Männer keiner, die geladen waren, mein Abendmahl schmecken wird.'>

'Keiner!' hat er gesagt. Und von allen gilt, daß sie sich entschuldigen: 'Ich bitte dich! Wie hätte 'Ich das tun können - ich bitte um Verständnis, daß es nicht geht!' Es geht nicht an, es geht so nicht!

In seiner Geschichte ringen die Boten und hatten zu sagen: <Kommt, denn es ist alles bereit!> Jetzt ist die Stunde, jetzt ist der Augenblick, um alles andre liegen zu lassen, stehen zu lassen, abzusagen allem was einer haben kann.

Zu Lassen ist, was festhält und hindert - um dem: 'Kommt!' Folge zu leisten.

<Es ging aber viel Volks mit ihm!> steht nun da.

Es scheint, als hätten die Leute aus dem Volk das Rufen gehört und kämen nun, um die richtige Zeit nicht zu versäumen.

<Und!> Er wendet sich um: 'So jemand zu mir kommt und haßt nicht -'>

Sein Reden droht sie von sich zu treiben, Befremdung zu wirken, statt Nähe herzustellen. Den Anderen hat er es schwer genug gemacht, jetzt verlangt er Unmögliches. Er kann nicht gedacht haben, daß die Leute aus dem Volk denselben Einblick haben in den Zustand und in die Bewegungen ihres Herzens wie er selber und deshalb, weil sie Hassende sind, nun seine Aufmerksamkeit suchen, sich nun von ihm erkannt und angenommen sehen wollen. <'Auch dazu sein eigen Leben - der kann nicht mein Jünger sein!'> Kann nicht! hat er gesagt. Vor dieser Aussage muß einer denken: 'Dann kann ich - auch nicht!'

Wohin wird Jesus nun gehen müssen, nachdem er gefordert hat, daß jedes Ich, bevor es sich auf den Weg macht, darüber nachdenken muß, ob es auch 'hat, es hinauszuführen!'

Es ist nur ein Gleichnis - aber es weckt Erinnerungen in jedem Volk, die Vorstellung von den Kriegern, die hinausziehen gegen einen Feind - und oft weit entfernt sind samt ihren Oberen von dem vernünftigen Gedanken, daß es manchmal, oft sogar, besser ist, sich die Kräfteverhältnisse klar zu machen und rechtzeitig um Frieden zu bitten.

Er nennt die Bedingung, die jeder Nachfolge zugrunde liegt. Er spricht in Klarheit, es ist seine eigene Bestimmung: <'Wer nicht absagt allem, was er hat, kann nicht mein Jünger sein!'>

Seine Aussage ist deutlich; sie ist nicht zu umgehen.

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